Historischer Erfolg in Trondheim

„Ein perfekter Tag für uns“: ÖSV feiert ersten Vierfachsieg seit 1980

Hatten allen Grund zum Jubeln: Daniel Tschofenig, Stefan Kraft und Jan Hörl landeten am Stockerl (v.l.).
© GEIR OLSEN

Österreichs Skispringer haben im Rahmen der Raw-Air-Serie in Trondheim eine historische Leistung vollbracht. Zum ersten Mal seit 1980 gingen die ersten vier Plätze an Österreicher. Stefan Kraft führte den Vierfachsieg an. Bei den Frauen landete Eva Pinkelnig zum zwölften Mal in dieser Saison auf dem Podium gelandet.

Trondheim – Überflieger Stefan Kraft hat auf der neuen Großschanze in Trondheim einen historischen ÖSV-Vierfachsieg im Skisprung-Weltcup angeführt. Am Schauplatz der WM 2025 feierte Kraft am Mittwoch seinen zwölften Saisonsieg vor Daniel Tschofenig, Jan Hörl und Daniel Huber. Mit Michael Hayböck landete ein weiterer ÖSV-Adler als Sechster auf einem Spitzenplatz. Es war der erste rot-weiß-rote Vierfachsieg im Weltcup seit 1980 im kanadischen Thunder Bay und der erst dritte überhaupt.

"Ein perfekter Tag für uns", sagte Kraft nach seinem 42. Weltcup-Sieg überglücklich im ORF-Interview. Der 30-jährige Salzburger siegte an einem österreichischen Skisprung-Feiertag in Norwegen einen Punkt vor dem Kärntner Tschofenig und drei Zähler vor dem Salzburger Hörl. "Eine unglaubliche Teamleistung, da muss jeder alles richtig gemacht haben", ergänzte Kraft nach Sprüngen auf 137,5 sowie 134 m und lobte angesichts des Nieselregens auch das Serviceteam für das Material.

Eine unglaubliche Teamleistung, da muss jeder alles richtig gemacht haben.
Stefan Kraft

Mit seinem 116. Weltcup-Podestplatz baute Kraft seinen Vorsprung im Gesamtweltcup auf den Japaner Ryoyu Kobayashi vier Bewerbe vor Saisonende auf komfortable 303 Punkte aus. Denn Kobayashi, am Dienstag auf der ebenfalls neu gebauten Normalschanze noch siegreich, musste sich nach zwei verpatzten Sprüngen mit dem 14. Platz begnügen. Bereits beim nächsten Bewerb am Samstag in Vikersund könnte sich Kraft theoretisch die Kristallkugel sichern.

Auch in der Raw-Air-Wertung, in der noch drei Bewerbe ausstehen, vergrößerte Kraft seinen Vorsprung. Der zweitplatzierte Bergisel-Sieger Hörl liegt nun 26 Punkte zurück, der norwegische Lokalmatador Johann Andre Forfang verpasste nach einem Sturz im zweiten Durchgang als Tages-Achter eine Top-Platzierung und hat als Dritter bereits einen Rückstand von 46,9 Zählern. Im Nationencup führen die dominanten Schützlinge von Cheftrainer Andreas Widhölzl nun 2.242 Punkte vor Deutschland.

Tschofenig verpasste seinen ersten Einzel-Weltcupsieg nur hauchdünn. "Da muss ich noch darauf warten. Aber es ist extrem befriedigend, nach einer durchwachsenen Saison wieder da zu stehen", sagte der 21-Jährige. Hörl sprach von einer "brutalen Teamleistung", er könne es selbst nicht glauben. "Cool, dass es so aufgegangen ist. Das ein oder andere Bier wird es schon geben, aber es ist noch eine Station (in der Raw Air, Anm.) und da müssen wir auch performen."

Stefan Kraft baute seinen Vorsprung in der Raw-Air-Wertung sowie im Gesamtweltcup aus.
© GEIR OLSEN

Team-Olympiasieger Huber war sprachlos. "Sensationell. Wir haben gewusst, dass wir echt geil skispringen, aber dass so etwas passiert, das ist ein besonderer Tag und schwer zu glauben", sagte der Salzburger und gab Einblicke in das Teamgefüge. "Es macht genial viel Spaß, mit dieser Mannschaft unterwegs zu sein. Wir haben einen irrsinnigen Schmäh rennen und wir sind wirklich gute Freunde. Das sagen wir nicht nur so, sondern wir leben es auch. Das macht extrem viel aus, zusammen mit den Trainern."

Es macht genial viel Spaß, mit dieser Mannschaft unterwegs zu sein. Wir haben einen irrsinnigen Schmäh rennen und wir sind wirklich gute Freunde.
Daniel Huber

Auch Widhölzl war mehr als zufrieden. "Es war ein Wahnsinnstag für uns. Ich bin selbst ein bisschen sprachlos", verlautete der Tiroler. Er sei selbst ein bisschen überrascht gewesen, dass es so ausgegangen ist. "Das zeichnet die Arbeit über den Sommer und Herbst hinweg aus, dass wir die ganze Saison fit und am Ende extrem leistungsfähig sind." Zuletzt hatten Armin Kogler, Hubert Neuper, Toni Innauer und Klaus Tuchscherer vor 44 Jahren einen ÖSV-Vierfachsieg gefeiert. Dieses Kunststück gelang sonst nur noch vier Slowenen beim Skifliegen 2022 in Planica.

Am Wochenende geht es mit zwei Skiflug-Bewerben auf dem "Monsterbakken" in Vikersund weiter, dort zählt auch die Qualifikation am Freitag zum Raw-Air-Ranking. Die Saison wird nächste Woche ebenfalls mit einem Skifliegen in Planica abgeschlossen. Für Skiflug-Weltmeister Kraft geht es um den dritten Gesamtweltcupsieg nach 2016/17 und 2019/20, im Skiflug-Weltcup führt Kraft punktgleich vor dem Slowenen Peter Prevc.

Pinkelnig sprang in Trondheim wieder aufs Podium

Bei den Frauen landete Eva Pinkelnig am Mittwoch zum zwölften Mal in dieser Saison auf dem Podium. Die 35-jährige Vorarlbergerin sprang auf der Großschanze am WM-Schauplatz 2025 auf den dritten Platz, tags zuvor war sie auf der Normalschanze Zweite geworden. Pinkelnig musste sich nur der Slowenin Nika Prevc und der norwegischen Lokalmatadorin Eirin Maria Kvandal geschlagen geben. Prevc gelang indes ein großer Schritt Richtung Gesamtweltcupsieg.

Prevc liegt drei Bewerbe vor dem Saisonende 194 Punkte vor Titelverteidigerin Pinkelnig, die den Sieg um 3,4 Punkte verpasste. Die rot-weiß-rote Hoffnungsträgerin jubelte über ihr Doppel-Stockerl in Trondheim. "Ich bin happy, Trondheim taugt mir. Es sind alle sehr nett hier und ich freue mich riesig auf die WM nächstes Jahr. Wir haben aber noch etwas aufzuholen, wenn man das mit den Männern vergleicht", sagte sie angesichts des Vierfacherfolgs der ÖSV-Adler und lachte. Pinkelnig sprach von einer "unglaublichen Saison", freute sich auf den "Monsterbakken" in Vikersund und peilte einen 200-Meter-Sprung an.

Jacqueline Seifriedsberger wurde als zweitbeste Österreicherin Elfte. In der Raw-Air-Wertung baute Kvandal, die in der Qualifikation zuvor überlegen gewonnen hatte, ihren Vorsprung auf die zweitplatzierte Pinkelnig zwei Bewerbe vor dem Ende auf 53,5 Punkte aus. Nun geht es für die Skispringerinnen am Wochenende zum Skifliegen nach Vikersund, dort sind neben Pinkelnig und Seifriedsberger auch Lisa Eder und Sara Marita Kramer qualifiziert. (APA)

Weltcup-Ergebnisse Trondheim

Männer: 1. Stefan Kraft 291,8 Punkte (137,5 m/134 m) - 2. Daniel Tschofenig 290,8 (135/132,5) - 3. Jan Hörl 288,8 (130,5/138) - 4. Daniel Huber (alle AUT) 277,8 (133,5/138) - 5. Peter Prevc (SLO) 274,4 (128/135) - 6. Michael Hayböck (AUT) 270,1 (126/137). Weiter: 22. Manuel Fettner (AUT) 250,2 (124,5/126,5)

Weltcup-Gesamtwertung (28 von 32 Bewerben): 1. Kraft 1.883 Punkte - 2. Kobayashi 1.580 - 3. Andreas Wellinger (GER) 1.390 - 4. Hörl 1.120. Weiter: 6. Hayböck 807 - 11. Fettner 669

Raw Air (6 von 9 Bewerben): 1. Kraft 1.342,0 Punkte - 2. Hörl 1.316,0 - 3. Johann Andre Forfang (NOR) 1.295,1 - Weiter: 6. Hayböck 1.265,6

Frauen: 1. Nika Prevc (SLO) 260,2 Punkte (127 m/128 m) - 2. Eirin Maria Kvandal (NOR) 258,6 (127,5/129,5) - 3. Eva Pinkelnig (AUT) 256,8 (124,5/126). Weiter: 11. Jacqueline Seifriedsberger 220,2 (113/123,5) - 19. Lisa Eder 205,0 (116,5/116,5) - 23. Sara Marita Kramer 190,8 (102,5/112,5) - 24. Chiara Kreuzer 184,7 (107,5/113) - 27. Julia Mühlbacher (alle AUT) 181,7 (106/112,5)

Weltcup-Gesamtwertung (22 von 25 Bewerben): 1. Prevc 1.370 Punkte - 2. Pinkelnig 1.176 - 3. Yuki Ito (JPN) 941. Weiter: 5. Seifriedsberger 859 - 13. Kramer 471

Raw Air (8 von 10 Bewerben): 1. Kvandal 1.359,2 Punkte - 2. Pinkelnig 1.305,7 - 3. Prevc 1.275,5. Weiter: 8. Seifriedsberger 1.196,5