Erweitertes "Sicherheitsgesetz" in Hongkong verabschiedet
In Hongkong hat das Parlament einstimmig ein neues nationales Sicherheitsgesetz verabschiedet, das unter anderem für Vergehen in Zusammenhang mit "Verrat" eine lebenslange Haftstrafe vorsieht. "Heute ist ein historischer Moment für Hongkong", sagte Hongkongs Regierungschef John Lee am Dienstag. Das Gesetz werde am 23. März in der chinesischen Sonderverwaltungszone in Kraft treten. Die USA, Großbritannien und die UNO verurteilten den Schritt.
Das Gesetz wurde im Eilverfahren durch das Parlament gebracht. Die USA, Großbritannien und die Europäische Union hatten schon zuvor gewarnt, dass das Vorhaben die Freiheiten in Hongkong weiter beschneiden könnte.
2020 hatte Peking als Antwort auf die pro-demokratischen Proteste in Hongkong zunächst ein sogenanntes Nationales Sicherheitsgesetz erlassen. Das international scharf kritisierte Gesetz ermöglicht den Behörden ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit Chinas bedrohen - und damit auch ein drakonisches Vorgehen gegen Kritiker.
Das zusätzliche, nun vor Ort erlassene Hongkonger Sicherheitsgesetz soll nach Angaben Lees nun Schlupflöcher des Pekinger Gesetzes schließen. Es werden Dutzende teils neuer Straftaten in fünf Kategorien eingeteilt: Verrat, Aufstand, Diebstahl von Staatsgeheimnissen und Spionage, Sabotage mit Gefährdung der nationalen Sicherheit und Einmischung von außen.
Das Gesetz "wird es Hongkong erlauben, Spionageaktivitäten, Komplotte und Fallen ausländischer Geheimdienste, Infiltration und Sabotage durch feindliche Kräfte wirksam zu verhindern, zu verbieten und zu bestrafen", sagte Lee. Außerdem werde das Gesetz auch "schwarzgekleidete Gewalt und Farbrevolutionen" wirksam verhindern - damit spielte er auf die pro-demokratischen Proteste an, die 2019 begannen. Lee ist wegen seiner Überwachung der Proteste als Sicherheitschef mit US-Sanktionen belegt.
Die chinesische Sonderverwaltungszone galt bis vor wenigen Jahren als Bastion der Meinungsfreiheit in China. Bei der Rückgabe der ehemaligen britischen Kronkolonie 1997 an China hatte Peking zugesichert, das Prinzip "ein Land, zwei Systeme", das den Menschen in Hongkong zahlreiche Bürgerrechte zusicherte, 50 Jahre lang aufrecht zu erhalten. Das hatte den Status Hongkongs als Wirtschaftszentrum von Weltrang gefestigt.
Lee gab nun an, die Regierung könne sich nun "vollständig der wirtschaftlichen Entwicklung" widmen. Er verwies auf die Notwendigkeit von Stabilität, um Investoren anzulocken.
EU-Außenbeauftragter Josep Borrell zeigte sich besorgt. Nach der Annahme des umstrittenen Gesetzes durch den Peking-treuen Legislativrat in Hongkong hieß es in einer Stellungnahme Borrells in Brüssel, es könne "die Aushöhlung der Grundfreiheiten und des politischen Pluralismus verschärfen". Das Gesetz könne die Arbeit der EU-Vertretung und der Generalkonsulate der EU-Staaten in Hongkong "erheblich beeinträchtigen" und sich auf europäische Bürger, Organisationen und Unternehmen in der asiatischen Metropole auswirken. "Das wirft auch Fragen über die langfristige Attraktivität Hongkongs als internationales Wirtschaftszentrum auf", fand der EU-Außenbeauftragte. "Besonders besorgniserregend" scheinen nach seiner Einschätzung die umfassenden Bestimmungen und vagen Definitionen zu sein, die sich auf "ausländische Einmischung und Staatsgeheimnisse" beziehen.
Der britische Außenminister David Cameron jedoch erklärte, das Gesetz werde die in der Stadt geltenden Rechte und Freiheiten weiter beeinträchtigen und "weitreichende Auswirkungen" auf die Rechtsstaatlichkeit und die Unabhängigkeit der Institutionen haben. "Die weit gefassten Definitionen von nationaler Sicherheit und Einmischung von außen werden es denjenigen, die in Hongkong leben, arbeiten und Geschäfte machen, schwerer machen", gab Cameron an.