Barbi Marković gewinnt Leipziger Buchpreis: Stilsichere Stilbrüche
Die Wiener Autorin gewann für ihren Erzählband „Minihorror“ die mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung in der Sparte Belletristik – und hielt eine fulminante Preisrede.
Leipzig – Die Wiener Autorin Barbi Marković hat für „Minihorror“den Preis der Leipziger Buchmesse in der Sparte Belletristik erhalten. „Minihorror“ ist Ende 2023 im Salzburger Residenz-Verlag erschienen. Markovic´ erzähle darin „stilsicher und mit bewussten Stilbrüchen einen Comic in Prosa“, urteilte die Jury. „Der Horror der 26 Geschichten lauert im Alltag. Es geht um Missgeschicke, Beleidigungen, Verwandtschaftsfehden, Möbelkäufe und Ungeziefer – komisch, vertraut und unheimlich. Ironie verschärft sich hier zu Satire, Humor dreht sich in Sarkasmus und die Perspektive macht kleine Wesen groß.“
Marković führte die Geschichten in ihrer umwerfenden, angeblich vorher in der Kantine geschriebenen und von ihrem Smartphone abgelesenen Dankesrede fort: „Mini liest etwas vom Handy ab. (...) Mini verschluckt sich und stirbt auf der Bühne. (...) Mini liest vor und die Welt bleibt gleich“, las sie unter Gelächter der Zuschauer vor. „Minis Rede ist ein schreckliches Debakel und sie wird sofort aus der Literatur rausgeworfen.“ Ihre Mini muss nach der Messe dableiben und aufräumen. „Sie weint. Sie wünscht sich, sie hätte nie einen Preis bekommen.“
Auch Wolf Haas war nominiert
Barbi Marković wurde 1980 in Belgrad geboren, studierte Germanistik und lebt seit 2006 in Wien. 2009 erschien ihr Thomas-Bernhard-Remix-Roman „Ausgehen“, 2016 der Roman „Superheldinnen“, für den sie mehrfach ausgezeichnet wurde. 2017 trat sie in Klagenfurt beim Wettlesen um den Ingeborg Bachmann-Preis an. 2021 führte ihr Roman „Die verschissene Zeit“ in das Belgrad der 1990er. Eine Zeitmaschine sorgt aber immer wieder für mysteriöse Zeitsprünge.
Neben der Wahlwienerin war auch der österreichische Schriftsteller Wolf Haas („Eigentum“) für die Auszeichnung nominiert.
In der Sparte Sachbuch ging die Auszeichnung an Tom Holert für den aufwändig gestalteten Band „‚ca. 1972‘ Gewalt–Umwelt–Identität–Methode“ (Spector Books). In der Kategorie „Übersetzung“ wurde Ki-Hyang Lee prämiert. Sie hat Bora Chungs „Der Fluch des Hasen“ (CulturBooks) aus dem Koreanischen übertragen. Die Preise sind mit jeweils 15.000 Euro dotiert.
Ormi Boehm erhielt Buchpreis zur Europäischen Verständigung
Bereits bei der Eröffnungsfeier der heurigen Buchmesse am Mittwochabend wurde der deutsch-israelische Philosoph Omri Boehm für sein Buch „Radikaler Universalismus“ mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnet.
In seiner Dankesrede ging Boehm auf den Krieg im Nahen Osten und die deutsch-jüdische Freundschaft ein: „Wo sie besteht, ist sie ein wahres Wunder“, nur müsse dieses Wunder vor Entwertung geschützt werden. Auch in dunklen Zeiten müssten harte Wahrheiten offen ausgesprochen werden, „denn wir sollen Freunde bleiben“. Der Buchpreis zur Europäischen Verständigung ist mit 20.000 Euro dotiert. (jole, APA)