Hunderte noch eingeschlossen

Tote und über 1000 Verletzte bei schwerem Erdbeben in Taiwan

Ein Hochhaus in der taiwanischen Region Hualien stürzte in sich zusammen, meterdicke Feldbrocken lösten sich durch das Beben der Stärke 7,2.
© APA/AFP/SAM YEH

Taiwan ist am Mittwoch von einem schweren Erdbeben erschüttert worden. Mit einer Stärke von 7,2 bebte die Erde so stark wie seit mindestens 25 Jahren nicht mehr in dem ostasiatischen Land. Mindestens neun Menschen starben, über 1000 wurden verletzt, Dutzende werden noch vermisst.

Taipeh – Bergarbeiter, die nach dem Erdbeben in Taiwan abgeschnittenen waren, sind nach Behördenangaben befreit worden. Wie die Feuerwehr mitteilte, konnten die 64 Kumpel aus einem Steinbruch im Osten der Insel kurz nach Donnerstagmittag (Ortszeit) in Sicherheit gebracht werden. Zuvor hatten Rettungskräfte bereits sechs Arbeiter, die in einem anderen Steinbruch festsaßen, per Hubschrauber aus dem Gebiet gebracht. Die Zahl der Verletzten stieg auf 1.058, die der Toten blieb bei neun.

Hunderte noch eingeschlossen

Mittlerweile erreichten die Behörden weitere Informationen zu eingeschlossenen Menschen, die den Angaben zufolge jedoch alle in Sicherheit waren. Die Zahl erhöhte sich im jüngsten Bericht auf 646. In einer Wanderunterkunft im Kreis Hualien befanden sich demnach 615 Menschen. 24 Touristen säßen noch in einer Höhle fest. Zudem seien sechs Studenten und ein weiterer Mensch noch andernorts eingeschlossen. Zu schätzungsweise weiteren 30 Vermissten fehlte nach jüngsten Angaben noch der Kontakt.

Das Beben traf vor allem die dünn besiedelte Bergregion Hualien in der Nähe des Epizentrums, das vor der Ostküste des Inselstaates verortet wurde. Dort verbrachten viele Einwohner aus Angst vor Nachbeben die Nacht auf Donnerstag im Freien. Das Beben war auch in der Hauptstadt zu spüren. Dort stellte die U-Bahn kurz ihren Betrieb ein. Der Halbleiter-Riese TSMC, ein Zulieferer von Apple und Nvidia, evakuierte vorübergehend einige Fabriken.

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„Schwerstes Erdbeben, das ich je erlebt habe“

Taiwans künftiger Staatspräsident Lai Ching-te machte sich ein Bild von den Folgen des Bebens. Vor einem eingestürzten Haus in Hualien drang er zur Eile bei der Rettung. Dies habe derzeit oberste Priorität. Lai, der im Mai sein Amt antreten soll, erklärte, die Zugverbindung in die Region Hualien werde am Donnerstag wieder aufgenommen.

Laut der Luftwaffe wurden sechs F-16-Kampfjets leicht beschädigt, dürften aber bald wieder einsatzbereit sein. Von einem Stützpunkt in Hualien werden immer wieder Jets zur Überwachung von Flugzeugen der Volksrepublik China losgeschickt. Die Führung in Peking betrachtet das demokratisch regierte Taiwan als eine abtrünnige Provinz, die Spannungen sind hoch.

Das Beben ereignete sich gegen acht Uhr morgens Ortszeit, als viele Menschen sich gerade auf den Weg zur Arbeit oder zur Schule machten. „Es war das schwerste Erdbeben, das ich je erlebt habe“, sagte die Betreiberin einer Pension in der Stadt Hualien. Sie habe sich sehr bemühen müssen, ihre verängstigten Gäste zu beruhigen.

Auch am chinesischen Festland spürbar

Noch in der über 200 Kilometer entfernten Hauptstadt Taipeh waren die Erdstöße deutlich zu spüren. Die U-Bahn wurde vorübergehend evakuiert, der Betrieb aber bald wieder auf den meisten Linien aufgenommen. Auch Nachbeben wurden in Taipeh registriert.

Das Erdbeben war chinesischen Staatsmedien zufolge auch auf dem chinesischen Festland zu spüren. Ein Reuters-Augenzeuge berichtete von Erschütterungen in Shanghai. Eine Tsunami-Warnung für Japan und die Philippinen wurde nach kurzer Zeit aufgehoben.

Das letzte schwere Erdbeben in Taiwan ereignete sich der taiwanesischen Wetterbehörde zufolge 1999. Damals kamen 2.400 Menschen ums Leben. 50.000 Gebäude wurden zerstört oder schwer beschädigt. Es hatte eine Stärke von 7,6.

Für evakuierte Bewohner in der Bergregion Hualien wurden nach dem Erdbeben provisorische Zelte als Notunterkunft aufgestellt.
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Zwei Deutsche konnten gerettet werden

Unter den Verschütteten waren auch zwei Deutsche, die nach Angaben des Außenministeriums in Berlin mittlerweile aber gerettet werden konnten. „Die Lage ist aktuell noch unübersichtlich“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. „Wir gehen allen Hinweisen, die wir haben, nach.“ Zwei Deutsche seien aus einem Tunnel befreit worden.

Das Auswärtige Amt habe aber auch Kontakt zu anderen Gruppen von Deutschen – unter anderem zu einer Reisegruppe von 19 Personen, die ursprünglich als vermisst galten. „Ihnen geht es den Umständen entsprechend gut.“ Man stehe mit den zuständigen örtlichen Behörden im fortlaufenden, engen Austausch, um zu klären, ob weitere Deutsche betroffen seien. (APA, Reuters)