Ausstellung in Wien

Roy Lichtenstein in der Albertina: Kunstvoll verpixelter Spiegel der Gesellschaft

Zwei Skulpturen Roy Lichtensteins vor der 1992 entstandenen „Tapete mit Interieur mit blauem Fußboden“.
© APA

Der Großmeister der Pop-Art Roy Lichtenstein in der Wiener Albertina: 100 Arbeiten quer durch sein Œuvre zum 100. Geburtstag.

Wien – Roy Lichtensteins Manier, die Welt kunstvoll zu verpixeln, ist längst zum Allgemeingut geworden. Zieren die Sujets des 1997 im Alter von 74 Jahren in New York verstorbenen Pop-Artisten doch T-Shirts genauso wie Sticker und Kaffeetassen. Doch vor den für die Personale in der Albertina aus den bedeutendsten europäischen und amerikanischen Sammlungen und Museen zusammengeliehenen originalen Bildern, Zeichnungen und Skulpturen dieses Großmeisters einer Kunst zu stehen, die die Grenzen zwischen Hoch- und Alltagskultur niederreißen sollte, ist allemal ein Ereignis.

Der 100. Geburtstag Roy Lichtensteins ist der „Aufhänger“ für die Schau, die den Künstler in all seinen Facetten beleuchtet. Angefangen mit seinen popartistischen Gehversuchen in den 1960er-Jahren über sein kaum bekanntes zeichnerisches und skulpturales Werk und seine surreale Phase in den späten 70er-Jahren, in denen er zentrale Phänomene der Kunstgeschichte auf seine sehr spezielle Art und Weise paraphrasierte, bis zu den riesigen, partiell rhythmisch durchpulsten, wie zu tanzen scheinenden Interieurs seiner letzten Jahre.

So dekorativ Lichtensteins Kunst auf einen ersten Blick auch daherkommen mag, ist sie doch eine zutiefst zeitkritische, letztlich politische. „Es war schwer, ein Bild zu finden, das mir abstoßend genug erschien, um die schamlosesten und bedrohlichsten Wesensmerkmale unserer Kultur zu thematisieren: Dinge, die wir zwar ablehnen, die aber übermächtig sind, wie Werbeschilder und Comics“, so der Künstler 1963 auf die Frage nach dem Wesen der Pop-Art.

Um, indem er die ubiquitäre Ästhetik der Werbung in kunstvoller Überhöhung zitierte, der Konsumgesellschaft einen Spiegel vorzuhalten. Viel Ironie ist bei diesem konsequent konzeptuellen Spiel am Werk, ein ins Detail verliebter Perfektionismus, der absolut nichts Zufälliges, emotional Aufgeladenes zulässt. War es doch Lichtensteins Ehrgeiz, Bilder zu malen, die maschinell hergestellt zu sein scheinen, indem er sie u. a. per Schablonen mit monotonen – mit den Jahren zunehmend größer werdenden – Rasterpunkten übersäte.

Ein Teil der Schau ist erfreulicherweise auch dem kaum bekannten zeichnerischen Œuvre Lichtensteins gewidmet. Selbst hier versagt sich der Künstler jede Subjektivität, reduziert er seine Rolle letztlich auf die eines technischen Zeichners. Sein künstlerisches Leben lang unternahm der New Yorker aber auch Ausflüge ins Dreidimensionale. Angefangen mit Schaufensterpuppen, die er in seinem die Massendrucktechnik imitierenden Comicstil übermalte, über mit wenigen Primärfarben markierte Bronzen bis zu den paradox eingefroren wirkenden Objekten seiner späten Jahre.

📍 Albertina. Albertinaplatz 1, Wien; bis 14. Juli, täglich 10–18 Uhr, Mittwoch und Freitag bis 21 Uhr.