Streiterin für eine freie Kunst
Kulturministerin Claudia Schmied outet sich als Tirol-Fan und bekennt sich zu einer Frau- enquote. Entwarnung gibt sie bezüglich Gerüchten über eine Kürzung des Kulturbudgets.
Kulturministerin Claudia Schmied hat am vergangenen Freitag Arno Ritter als diesjährigen Österreich-Kommissär der Architekturbiennale in Venedig vorgestellt. Seine Wirkungsstätte seit 17 Jahren hat sie diesen Dienstag erstmals besucht. Und war begeistert.
Wie sind Sie auf Arno Ritter aufmerksam geworden?
Claudia Schmied: Auf der Suche nach einem geeigneten Biennale-Kommissär habe ich mich umgehört, ob irgendwo jemand aufgefallen ist. Es fiel der Name Arno Ritter und ich wurde neugierig. Nachdem ich ihn bei einem meiner Innsbruck-Besuche persönlich kennen gelernt hatte, war ich sicher, dass er der neue Kommissär ist.
Ritters Biennale-Konzept unterscheidet sich grundlegend von allen bisherigen. Statt eines Zustandsberichts geht es um eine Projektion in die Zukunft. Was interessiert Sie daran?
Schmied: Nachdem Ritter Ja gesagt hatte, war er völlig frei bezüglich seines Konzepts. Ich nehme Teil an seiner Entwicklung, bin sehr neugierig auf das Ergebnis. Mehr wissen werde ich wie alle anderen bei der Eröffnung am 27. August.
Es kann also nicht sein, dass die Durchführung des Projekts in Frage gestellt wird, wenn sein Inhalt Ihren politischen oder ideologischen Vorstellungen nicht entspricht.
Schmied: Nein, das kann bei mir nicht passieren. Die Freiheit der Kunst ist für mich ein hohes Gut.
Ist die Wahl von Arno Ritter vielleicht auch als Signal an die Bundesländer zu verstehen, empfindet man hier in Tirol die Bundeskulturpolitik doch immer als sehr Wien-lastig.
Schmied: Ich bin ein wahrer Tirol-Fan, wenn ich etwa an Eva Schlegel denke, die die letzte Kunst-Biennale von Venedig als Kommissärin gestaltet hat oder Lois Weinberger, der ebenfalls bei der Biennale präsentiert wurde. Bei Arno Ritter war es aber anders. Nach der Architektin Bettina Götz und Eric Owen Moss, der von außen einen Blick auf die österreichische Szene geworfen hat, wollte ich diesmal einmal einen Nicht-Architekten nominieren, um neue Perspektiven zu erschließen.
Es wird Kürzungen bei den Ermessensausgaben des Kulturbudgets geben, was die kleinen Kulturinitiativen am meisten trifft.
Schmied: Nein, es wird in meinem Ressort definitiv keine Kürzungen in der Kunst- und Kulturförderung geben.
Aber die Praxis der Mehrfachförderungen wird auf eine neue Basis gestellt.
Schmied: Versuche einer Harmonisierung hat es schon mehrfach gegeben. Das betrifft allerdings die großen Subventionsbereiche, den Kunst- und Kulturbereich aber faktisch nicht. Da gibt es einerseits Sondergesetze für die Förderung der einzelnen Institutionen, aber auch für die Projektförderung. Meist geht es hier um die Kofinanzierung von Projekten, die anders überhaut keine Chance auf Realisierung hätten.
Kulturpolitik hat sehr viel mit Bildungspolitik zu tun. Mit sehr frühem Bekanntmachen mit Kunst, was etwa im aut. sehr ernst genommen wird
Schmied: Die Verbindung von Bildung, Kunst und Kultur ist nicht nur eine Chance, sondern ein Auftrag. Wir müssen davon weggehen, Bildung immer nur als Ausbildung zu denken, immer mit dem ökonomischen Nutzen im Vordergrund. Es geht auch um das Bilden von Wertehaltungen, Identitäten, der Entwicklung selbstbewusster Persönlichkeiten. Die Motivation der Lehrer und Lehrerinnen ist entscheidend, damit die Verbindung beider Welten gelingt.
Sie haben auch ein Projekt gestartet, bei dem sich eine Schule einen Kulturpartner sucht. Funktioniert das?
Schmied: Das läuft sehr gut. Schön ist, dass dabei längerfristige Kontakte zustande kommen, die weit über Unterrichtsstunden hinaus gedacht sind. Wenn man einmal losmarschiert und begeistert ist, öffnen sich Türen und es geht weiter und weiter ...
Wobei die Initiative, Kindern und Jugendlichen bei freiem Eintritt in die Bundesmuseen zu locken, nicht wirklich ein Erfolg ist.
Schmied: Es war zu erwarten, dass nach dem Boom des ersten Jahres die Frequenz wieder etwas abnehmen wird. Damit es nachhaltiger wird, wollen wir diese Möglichkeit in Zukunft stärker mit den Ganztagsschulen und der Nachmittagsbetreuung koppeln.
Viele Künstler leben in sehr prekären Verhältnissen, künstlerisches Tun wird immer mehr in den privaten Bereich abgeschoben. Wobei die Situation der Künstlerinnen noch prekärer ist als die ihrer männlichen Kollegen.
Schmied: Dieses Thema werde ich nicht lösen können. Entscheidet man sich dafür, Künstler zu werden, muss man sich klar sein, dass es nur einige wenige in die ökonomische Unabhängigkeit schaffen werden. Die Situation ist hier nicht viel anders als im Spitzensport. Über die Kunstförderung können wir die prekären Arbeitsverhältnisse sicher nicht lösen.
Könnte ein besserer Schutz der Urheberrechte diesbezüglich etwas ändern?
Schmied: Darüber gibt es die heftigsten Debatten. Es ist auch ein Thema, das stark polarisiert. Da gibt es die Verfechter einer kompletten Zugänglichkeit von allem und die des totalen Schutzes des Urhebers. Was nur durch rigorose Kontrollmechanismen zu bewerkstelligen wäre. Wie wir das für verschiedene Lebensbereiche lösen können, gilt es breit zu diskutieren.
Heute ist Frauentag. Was halten Sie von Frauenquoten?
Schmied: Ich denke, wir brauchen sie. Ich halte sie persönlich für wichtig, allein schon, um Bewusstsein für die Realität zu schaffen. Und als Frau, die es in einer Männerwelt sozusagen geschafft hat, ist für mich die Einhaltung einer Frauenquote eine Verpflichtung.
Die Sie, schaut man Ihre Auswahl von Führungspersönlichkeiten etwa im Bereich der Bundesmuseen, übererfüllen.
Schmied: Ich arbeite daran. Wenn ich jemanden für eine Institution suche, sind für mich auch die spezifischen Anforderungen der Organisation wichtig.
Sie haben also befunden, nach dem Langzeitdirektor des Kunsthistorischen Museums, Wilfried Seipel, muss eine Frau her.
Schmied: In diesem konkreten Fall hat das gut gepasst.
Das Gespräch führte Edith Schlocker