„Die Tat war kaltblütig, von langer Hand und minutiös geplant!“
Bemüht um sachliche Professionalität und gleichtzeit geschockt vom Verbrechen eines Kollegen: Polizei und Staatsanwaltschaft berichteten am Dienstag vom Mord an einer Zillertalerin in Wiesing.
Von Uwe Pfefferkorn
Innsbruck – „Mit großer Betroffenheit über die Ereignisse muss ich bestätigen, dass dringender Tatverdacht gegen einen Polizisten besteht“, beginnt der oberste Polizeichef Tirols, Helmut Tomac, die Schilderungen nach dem brutalen Mord an einer 49-jährigen Zillertaler Bankangestellten bei einer Pressekonferenz am Innsbrucker Landesgericht.
Seit der Entdeckung der Leiche am Freitag in Wiesing versuchen die Ermittler die Tat zu rekonstruieren. Zum Teil mit ersten Erfolgen: Der Polizeibeamte aus dem Zillertal hatte sein späteres Opfer „seit mehreren Wochen gekannt“, schilderte Chef-Ermittler Christoph Hundertpfund. Das ging nicht zuletzt aus jetzt entdeckten SMS hervor. „Möglicherweise trat er als Vermittler für das Goldgeschäft auf.“
Der 51-jährige Tatverdächtige beschaffte ein anonymes Wertkartenhandy, eine Babywindel und Chloroform – Gegenstände, die beim späteren Mord eine Rolle spielen sollten. Wie lange im Voraus er sich diese Dinge beschafft hatte, ist nicht bekannt. Schon 2009 hatte er pyrotechnische Gegenstände gekauft, möglicherweise auch die im Mordfall verwendete Signalfackel. „Er gab zwar zu, Chloroform gekauft zu haben. Dass es sich um jenes handelte, das bei der Tat verwendet wurde, gab er nicht zu“, schildert Hundertpfund die Aussagen des Zillertalers.
Am Donnerstag selbst hatte der Beamte schließlich dienstfrei. Wann, wo und unter welchem Vorwand er sich mit seinem späteren Opfer getroffen hat, ist nicht bekannt. Eine SMS an die Bankangestellte am Donnerstag führte die Ermittler später jedoch auf die Spur des möglichen Täters.
Die Bankangestellte hatte die Filiale in Strass jedenfalls gegen 17.30 Uhr verlassen. Am Überwachungsvideo war zu sehen, dass sie zwei Taschen bei sich trug. Vermutlich mit je vier Kilogramm Goldbarren. Von der Bank war die 49- Jährige nach Hause gefahren um dort etwas zu essen. „Wir wissen auch, dass sie das Haus gegen 21.30 Uhr wieder verlassen hat.“
Rund 45 Minuten vergingen, in denen sich die Frau mit dem mutmaßlichen Täter getroffen haben muss. Die Ermittlungen der Polizei ergaben, dass der Mörder die Frau mit Chloroform betäubt haben dürfte. „Bei der Obduktion des Leichnams wurden Spuren von Chloroform gefunden“, bestätigte Staatsanwältin Brigitte Loderbauer. Im Fahrzeug der Frau fanden die Ermittler schließlich auch eine Windel, die dem Täter als Träger für das Chloroform gedient haben dürfte.
Als die Frau bewusstlos war, schnallte der Täter sie im Wagen an und zündete kaltblütig eine Signalfackel, um den Wagen in Brand zu setzen. „Wäre es ihm gelungen, den Wagen abzubrennen, wären die Ermittlungsarbeiten wohl wesentlich schwieriger gewesen“, erklärt Hundertpfund.
Der Mörder hat den Tatort jedenfalls verlassen, ob mit oder ohne Gold im Wert von 333.000 Euro. Wenige Minuten später, um 22.15 Uhr, wurde das Fahrzeug von einer Zeugin entdeckt, die den Wagen auf der Achenseebundesstraße als Verkehrshindernis bei der Polizei Jenbach meldete. Wenig später wurde die tote Frau entdeckt.
Was in der knappen Viertelstunde am Donnerstagabend noch passierte, gibt den Ermittlern weiter Rätsel auf. Warum es dem für Sprengmittel ausgebildeten Beamten nicht gelang, den Wagen abzufackeln, was mit den acht Kilogramm Gold geschah und wohin der Verdächtige im Anschluss an die brutale Tat verschwand, muss geklärt werden.
Die Ermittlungen haben unmittelbar nach der Entdeckung der toten Frau begonnen. Und: Polizisten ermitteln nun gegen einen Polizisten ...