Ein Kraftwerk frei von Protesten
Baustelle für das Rosanna-Kraftwerk könnte noch heuer im Herbst eröffnet werden. Die neu gegründete Betreibergesellschaft lud die Bevölkerung zum Infoabend. Kritische Fragen oder gar Proteste blieben aus.
Von Helmut Wenzel
St. Anton, Pettneu, Flirsch, Strengen –Das Kraftwerk an der Rosanna soll heuer im Herbst baureif sein. Laut Koordinator Jakob Klimmer laufen derzeit Umweltverfahren sowie das Wasserrechtsverfahren. In Hinblick auf die Genehmigung habe man positive Signale von den Behörden. Die jährliche Strommenge liegt bei 52 Gigawattstunden (GWh), womit 14.000 Haushalte versorgt werden können. Zum Vergleich: Das benachbarte Innkraftwerk Prutz-Imst liefert die zehnfache Menge – rund 550 GWh. Die Baukosten beziffert Klimmer mit 52 Mio. Euro.
Der Infoabend der neu gegründeten Wasserkraftwerk Stanzertal GmbH am Mittwoch im Strenger Gemeindesaal war mäßig besucht. „Wir haben die Bevölkerung schon vorher gut informiert“, ist BM Harald Siess überzeugt. Sein Kollege in Pettneu, BM Manfred Matt, spricht von einem „sensationell reibungslosen und in der Region voll akzeptierten Projekt“: „Darüber herrscht sogar im Landhaus Verwunderung. Bei uns im Dorf habe ich keine einzige kritische Stimme gehört.“
Der Gemeinderat von Pettneu habe sachlich über die Beteiligung in Höhe von 6,25 Prozent diskutiert und einen einstimmigen Beschluss gefasst, schildert Matt. Auch die Mandatare in St. Anton, Flirsch und Strengen sind vom Vorhaben überzeugt: Die Bürgermeister Helmut Mall, Roland Wechner und Harald Siess bestätigten einstimmige Beschlüsse zur Beteiligung.
Das Bedürfnis der Besucher, Fragen an die Experten des Infoabends zu stellen, hielt sich in Grenzen. Eine Dame wollte wissen, wie viele Arbeitsplätze das Kraftwerk bringt. „In der Bauphase natürlich viele, aber nach der Inbetriebnahme keine“, klärte Klimmer auf. Die Steuerung werde von einer Fernwartung aus bedient.
Ein anderer Besucher interessierte sich für Details zur Tiroler Projektentwicklungsgesellschaft Infra, die mit 15 Prozent am Kraftwerk beteiligt ist. „Wir gehören zur ILF-Gruppe, die in 35 Ländern vertreten ist und 1800 Mitarbeiter beschäftigt“, erläuterte Infra-Geschäftsführer Wolfgang Widmann.
Schließlich stellte sich eine Dame als Vertreterin eines Kajak-Klubs vor. Sie wies darauf hin, dass dem Wildwassersport auf der Rosanna Wasser entzogen werde: Sie möchte, dass die Kraftwerksbetreiber eine Surfwalze bei St. Anton und eine Slalomstrecke bei Pettneu bauen: „Damit hätte auch der Tourismus einen Nutzen. Derartige Ideen werde man sich anschauen, Zusagen könne er keine machen, erklärte Widmann.
„Die Restwassermenge legt die Behörde fest“, betonte Klimmer, „und zwar nach der neuen Wasserrahmenrichtlinie der EU.“ Demnach werde auch für den Wildwassersport ausreichend Wasser vorhanden sein. Der frühere Chef der EWA (Energie-und Wirtschaftsbetriebe St. Anton) skizzierte auch den Bauzeitplan: „Den Abschluss der Genehmigungsphase erwarten wir für August. Wenn das gelingt, sollten wir noch in diesem Herbst in einer Niedrigwasserperiode mit dem Bau beginnen können.“ Im 4. Quartal 2014 soll die erste von drei Pelton-Turbinen in Betrieb gehen. Ab dem Frühjahr 2015 soll das Rosanna-Kraftwerk im Vollbetrieb laufen.
Unterschiedlich bestreiten die vier Gemeinden ihren Investitionskostenbeitrag in Höhe von je 350.000 Euro, der etappenweise bis 2015 fällig wird. Bereits heuer müssen je 15.000 Euro überwiesen werden. „Wir bezahlen das aus dem laufenden Budget“, verrät der St. Antoner BM Mall. Etwas schwerer tun sich Pettneu, Flirsch und Strengen. „Wir müssen ein Darlehen aufnehmen“, sagt der Strenger Dorfchef Siess, der andererseits Kommunalsteuereinnahmen in der Bauphase erwarten darf. Grundsätzlich strebe man eine gemeinsame Finanzierung an. „Mit dem Finanzierungsmodell werden laufende Vorhaben und Projekte der Gemeinde nicht blockiert. Das ist uns sehr wichtig“, betonte BM Roland Wechner aus Flirsch.