Bahnmietern droht Hausabriss
Der Mieterschutz dürfte den Bewohnern der ÖBB-Häuser beim Westbahnhof kaum helfen: Nach dem Verkauf droht ein rascher Abriss, bestätigt Kaufinteressent Zima.
Von Elke Ruß
Innsbruck –Eine Versammlung, in der allen erklärt wird, wie es weitergeht: Darauf warten die Mieter des Geviertes Sonnenburg-/Egger-Lienz- und Andreas-Hofer-Straße beim Innsbrucker Westbahnhof vergeblich. Wie berichtet, wissen die Bewohner dieser ÖBB-Häuser nur, dass ihr Zuhause verkauft werden soll.
Es sind mietergeschützte Wohnungen, in denen Bahnbedienstete und -pensionisten bzw. deren Angehörige leben. Der Zins ist niedrig – doch im Vertrauen auf eine sichere Bleibe haben etliche Bewohner einiges investiert.
Ihre Wohnsituation werde sich zwar „nicht unmittelbar, mittelfristig aber doch deutlich ändern“. Noch könnten die ÖBB bei „allfälligen Alternativlösungen behilflich sein“: So hieß es kryptisch in einem Brief der ÖBB Anfang 2011, der die Nutzung der Schrebergärten im Hof verbot. Laut Mieter Günter Rettl ist es bis heute das einzige Schriftstück zum Thema.
Etliche Bewohner haben schon aufgegeben. Einige andere, so wie Rettl, wollen nicht nach Jahrzehnten ihr Zuhause verlieren. „Wir wissen aber noch immer nichts“, spricht er Wochen nach dem TT-Bericht die anhaltende Verunsicherung an. Doch kurz nach dem ersten TT-Anruf hätten die ÖBB seiner Tochter eine Ersatzwohnung angeboten. Sie sei in Ordnung, sagt Rettl. Das weiß er deshalb, weil dieselbe Wohnung fünf Tage später auch ihm vorgeschlagen wurde. Die Tochter hat lieber nicht lange gezögert – sie wird ausziehen, weiß ihr Vater.
Dass man so Druck erzeugt, um schnelle Entscheidungen zu erzwingen, sieht Gerhard Werlberger vom ÖBB-Immobilienmanagement nicht. Man gehe nach Dringlichkeit, da habe etwa eine Alleinerzieherin Vorrang. Zur Frage, warum es keine Versammlung gebe, erklärt Werlberger, dass die ÖBB „auf Einzelgespräche setzen“. Die verbleibenden Bewohner seien teils auch „hochbetagte, denen wir eine Übersiedlung nicht zumuten wollen“. Was das genau für sie heißt, bleibt offen.
Während Rettl bei seinem Haus von dreifach verglasten Fenstern und einem sanierten Dach berichtet, sind die Objekte laut Werlberger „teilweise schon jetzt am Ende ihrer technischen und wirtschaftlichen Laufzeit“. Die Mieter hätten auch „Konditionen, die es nicht mehr gibt“, sagt Werlberger. Er betont aber die Verantwortung der ÖBB als Arbeitgeber bzw. Vermieter. „Wir bemühen uns um Ersatzwohnungen und haben die auch schon für fast zwei Drittel zur vollen Zufriedenheit gefunden.“
In der Anlage kursiert das Gerücht, der Käufer sei die Zima. Deren Geschäftsführer Alexander Wolf bestätigt Verhandlungen, spricht aber von mehreren Interessenten. Für sie als Käufer müssten die Häuser „nicht gänzlich leer sein“, sagt Wolf. „Ich weiß aber nicht, welche Bedingungen andere stellen.“ Falls die Zima kauft, sollen die Häuser aber rasch abgerissen werden. „Wenn alles erledigt ist, geht es in zwei Jahren los.“
Und der Mieterschutz? Alte Verträge bleiben beim Eigentümerwechsel aufrecht, bestätigt Wolf. Es gebe aber erste Befunde, dass „die Häuser nicht mehr intakt sind. Es ist klar, dass irgendwann der Mietgegenstand nicht mehr brauchbar ist. Das heißt aber nicht, dass jemand auf der Straße steht!“
Ob das Areal für Wohnbauten oder anders genutzt wird, hänge vom Markt ab, aber auch von Plänen der Stadt im Umfeld. Wolf spricht ÖBB-Werkstätten beim Westbahnhof und nahe Autohändlerplätze an. „Es kann sein, dass da eine größere infrastrukturelle Nutzung möglich ist.“ Auch Stadtplanerin Erika Schmeißner-Schmidt lässt die Nachnutzung am verkehrsreichen Südring offen. „Wir denken nur immer an Wohnungen, weil da der meiste Bedarf herrscht.“ Gewidmet sei das Areal im Wesentlichen als Mischgebiet. In jedem Fall werde sich der Käufer mit der Stadt abstimmen müssen.