Österreichische Satelliten starten am 25. Februar ins All
Vom indischen Dhawan Space Center treten die Nano-Satelliten ihre Reise in den Weltraum an. Sie sollen mit weiteren Satelliten sehr helle und massenreiche Sterne untersuchen.
Wien, Graz, Neu-Delhi – Die beiden österreichischen Satelliten „TUGSAT-1“ und „UniBRITE“ werden am kommenden Montag, dem 25. Februar, ins All starten. Das teilte die Technische Universität Graz am Mittwoch mit. Die baugleichen österreichischen Nano-Satelliten sind Teil der internationalen Mission „BRITE“ und sollen im Orbit Daten über Helligkeitsschwankungen sehr heller und massenreicher Sterne sammeln.
Daraus erhoffen sich die Forscher Verbesserungen der Theorien über den Aufbau von Sternen und über die Geschichte des Universums. Insgesamt sind sechs kleine Raumflugkörper Teil der „BRITE“-Mission.
Start am kommenden Montag um 13.22 Uhr
Die österreichischen Satelliten sind Mitreisende auf einer indischen Trägerrakete, die einen indisch-französischen Fernerkundungssatelliten trägt. Diese wird vom südindischen Dhawan Space Centre ins All starten. „Die Indische Weltraumbehörde hat den Start mit Montag 25. Februar, 13.22 Uhr, mitteleuropäischer Zeit festgelegt. Wir sind startklar“, so Otto Koudelka vom Institut für Kommunikationsnetze und Satellitenkommunikation der TU Graz im Gespräch mit der APA. Für den Launch vom Satish Dhawan Space Centre in Sriharikota in der indischen Provinz Andhra Pradesh wird eine PSLV-C20 (Polar Satellite Launch Vehicle) der Indian Space Research Organisation verwendet.
Pre-Countdown-Aktivitäten beginnen am Freitag
Ursprünglich sollten die österreichischen Satelliten bereits 2011 ins Orbit gelangen, der Raketenstart wurde aber aufgrund von Verzögerungen im Zusammenhang mit der Hauptnutzlast, dem indisch-französischen Fernerkundungssatelliten SARAL, bereits mehrmals verschoben.
Die beiden österreichischen Satelliten sind seit dem 16. Februar in die PSLV-Rakete integriert, schilderte Koudelka. Nachdem die finale Inspektion durchgeführt und die „Remove Before Flight“-Sicherungen entfernt wurden, wurde auch die Nutzlastverkleidung der Rakete bereits geschlossen. Die Pre-Countdown-Aktivitäten beginnen bereits am Freitag.
Massenreiche Sterne im Visier
„TUGSAT-1“ und „UniBRITE“ sind Würfel mit einer Kantenlänge von 20 Zentimetern und einer Masse von je 6,8 Kilogramm. „TUGSAT-1“ wurde von der Technischen Universität (TU) Graz entwickelt und gebaut, der baugleiche „UniBRITE“ im Auftrag der Uni Wien vom Space Flight Laboratory der Universität Toronto (Kanada).
Das Zweigespann ist Teil der Mission „BRITE“ („Bright Target Explorer“), der noch je zwei Satelliten aus Polen und Kanada angehören, die im Laufe dieses Jahres sowie 2014 ins All fliegen sollen. Die Satelliten werden auf einer erdnahen polaren Umlaufbahn in rund 800 Kilometer Höhe mindestens zwei Jahre lang die Erde umkreisen.
„Die Langzeitmessungen werden helfen, verbesserte Theorien über die massiven, hellen Sterne zu entwickeln. Mit sechs Satelliten, die alle die gleichen Beobachtungsziele haben, können die Beobachtungsdaten vervielfacht werden und der wissenschaftliche Ertrag wird ungleich größer“, schilderte der Grazer Projektleiter Otto Koudelka vom Institut für Kommunikationsnetze und Satellitenkommunikation der TU Graz im Gespräch mit der APA. Die TU Graz zeichnet gemeinsam mit der Uni Wien und der TU Wien für das österreichische Vorhaben verantwortlich. Laut Koudelka handelt es sich dabei um die erste Konstellation von Nano-Satelliten - also Satelliten unter der Zehn-Kilo-Marke - überhaupt.
Anfänge gehen bis 1991 zurück
Die Anfänge der Entwicklung eines österreichischen wissenschaftlichen Nano-Satelliten gehen bis zum Flug des ersten Österreichers zur ehemaligen russischen Raumstation Mir im Jahr 1991 zurück. Die damals gewälzten Pläne scheiterten aber entweder aus Zeit- oder Kostengründen. 2005 beschloss dann das Infrastrukturministerium den von der TU Graz vorgeschlagenen Satelliten „TUGSAT-1“ im Rahmen des von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG betreuten österreichischen Weltraumprogramms ASAP zu fördern.
Die Kosten für Hardware, Bau und Test von „TUGSAT- 1“ liegen laut Koudelka bei rund 450.000 Euro (exklusive Aufwendungen für den Start). Das Projekt an der TU Graz wurde zu einem beträchtlichen Teil durch Arbeiten von Studierenden, die von den Grazer Weltraumexperten unterstützt wurden, im Rahmen von Diplom- und Dissertationsarbeiten getragen. „Auf diese Weise haben sie ganz unmittelbar Erfahrung im Entwurf, Bau, Test und Betrieb von Satelliten, aber auch im Management eines komplexen Weltraumprojekts sammeln können“, so Koudelka.
Teleskope mit speziellen Farbfiltern
In jedem Satelliten der Mission „BRITE“ befindet sich daher ein Teleskop mit kleiner Öffnung, das mit einer CCD-Kamera verbunden ist, die hoch präzise Photometrie (Helligkeitsmessung) erlaubt. Für jedes Satellitenpaar gibt es zwei unterschiedliche Farbfilter an Bord des Trabanten. Durch den Einbau dieser speziellen Filter sollen die Sterne im blauen und roten Farbbereich erforscht werden: „TUGSAT-1“ nimmt beispielsweise im blauen und „UniBRITE“ im roten Farbbereich auf.
Wesentlich größere Satelliten wie „CoRoT“ oder „MOST“ hatten diese Farboption, die für die Diagnostik des inneren Aufbaus von Sternen äußerst hilfreich ist, nicht, erklärte Werner W. Weiss, „UniBRITE“-Projektleiter und Professor am Institut für Astrophysik der Universität Wien. „Diese Option war ausschlaggebend, dass sich Polen und Kanada dem Projekt angeschlossen haben und ebenso jeweils ein Paar „BRITE“-Satelliten zur Verfügung stellen“, ergänzte Rainer Kuschnig.
Um neue Erkenntnisse in Bezug auf unser Sonnensystem zu erlangen, werden die Helligkeitsschwankungen, Sternschwingungen und Temperaturvariationen von Sternflecken der massereichen Objekte, von denen es ca. 340 im Bereich der Milchstraße gibt, mit bisher nicht erreichter Genauigkeit gemessen. Die Auswertung dieser Daten erfolgt an der Universität Wien. Weiters wird die Rolle von Winden im interstellaren Materiekreislauf untersucht und versucht, über Pulsation von Sternen ihr Alter und ihre Entwicklung zu bestimmen, heißt es vonseiten der Universität Wien. Ziel ist es, etwa zehn helle und 100 schwächere Sterne in unterschiedlichen Entwicklungsphasen - von der Kondensation im interstellaren Raum bis zum Verglühen der Sterne - zu photometrieren.
Drei Bodenstationen in Österreich
In Österreich werden drei Bodenstationen Kontakt zu den Satelliten haben: Für „TUGSAT- 1“ wurde eine Bodenstation an der TU Graz eingerichtet, „UniBRITE“ schickt seine Daten an die Stationen an der Universitätssternwarte sowie der Technischen Universität in Wien. Pro Tag kommt man auf rund eine Stunde Kontaktzeit.
Damit die Satelliten und das in ihnen befindliche Teleskop ihren Fokus präzise auf die ausgewählten Sterne halten können, müssen sie bei ihrer Umkreisung der Erde äußerst präzise ausgerichtet und stabil gehalten werden. Dafür sorgt eine spezielle Dreiachsenstabilisierung. Das ist notwendig, um die vom Instrument geforderte Messgenauigkeit der Sternhelligkeit und deren zeitliche Änderung zu gewährleisten. „Die Helligkeitsschwankungen der Sterne, die gemessen werden sollen, sind vergleichbar mit dem Unterschied, der sich an der Front des Empire State Buildings einstellt, wenn eine Jalousie um drei Zentimeter geschlossen wird“, schilderte Koudelka. Die Feinausrichtung erfolgt dann mit dem sogenannten „Star Tracker“, einer eigenen Kamera zur Aufnahme einer bekannten Sternenkonstellation, die aktuelle Aufnahmen von Sternenhintergründen mit einem abgespeicherten Katalog vergleicht und daraus die Lage ermittelt.
Seine Energie bezieht der Satellit aus Solarzellen an der Außenseite des Würfels. Der Stromverbrauch muss so gering wie möglich gehalten werden: „Im Mittel stehen uns sechs Watt zur Verfügung. Das erfordert ein effizientes Leistungsmanagement und ist unter anderem Aufgabe des On-Board-Computers“, so Koudelka. (APA)