Gesellschaft

Videodolmetschen mitten in die Notaufnahme hinein

Der Reuttener Murat Aygan hilft in ganz Österreich, durch den Abbau von Sprachbarrieren die Patientensicherheit zu erhöhen.

Von Helmut Mittermayr

Reutte, Graz –Der Familienverband der Aygans und Bozkurts zählt in Reutte längst zur fixen Größe. Vom Lokalbetreiber bis Friseursalon ist der Clan unternehmerisch tätig und bekannt. Murat Aygan verschlug es im Zuge des Studiums nach Graz, wo er inzwischen als Dolmetscher und Sprachtrainer tätig ist. Nun nimmt er an einem österreichweit einzigartigen Projekt teil – dem Videodolmetschen. Ärzte und Pflegekräfte können dadurch mit nicht gut deutsch sprechenden Patienten aus Kroatien, Bosnien, Serbien und der Türkei sowie mit in Gebärde Sprechenden besser kommunizieren. Elf Krankenhäuser nutzen das Angebot, in Tirol allerdings noch keines.

Migranten oder Menschen mit Hör- bzw. Sprachbeeinträchtigung fällt es oft schwer, Leistungen im Gesundheitswesen in vollem Umfang zu nutzen. Sie können sich ihren Gesprächspartnern, den Ärzten oder Pflegepersonen, mitunter nur eingeschränkt vermitteln. Umgekehrt sind wichtige Details zu Diagnose oder Therapie für die Betroffenen schwer verständlich und führen dazu, dass Leidenswege unnötig verlängert werden und dem System hohe Kosten entstehen. Die österreichische Plattform Patientensicherheit hat deshalb gemeinsam mit der Uni Wien und dem Gesundheitsministerium das Pilotprojekt „Videodolmetschen im Gesundheitswesen“ gestartet.

Bei Notfällen kommt es oft auf jede Minute an. Über einen Videoschirm, der in der Notaufnahme hängt, können innerhalb von zwei Minuten Mitglieder des Dolmetschteams in Wien kontaktiert werden. Von 6 bis 22 Uhr sind die Übersetzer für Kroatisch, Serbisch, Bosnisch und Türkisch sowie die Gebärdensprache erreichbar.

Aygan hat mit dem Dolmetschen seine Erfüllung gefunden. Wortkarg war der „Bergtürke mit Tirolerhut“, wie er sich schmunzelnd einmal selbst bezeichnet hat, nie. Privat hat er sich längst als Musiker, der die Kommunikation mit anderen Musikern und dem Publikum auslebt, einen Namen gemacht. Eine Zeitschrift nannte ihn kürzlich „Den Weltenmischer“ und Pop-„Maven“. Er würde die Gesellschaft, was die Musik betreffe, verlässlich mit Neuem versorgen. Figuren wie die Troubadoure seiner Ur-Heimat Mittelanatolien haben ihn geprägt. Den 42-Jährigen kitzelt es beständig in den Fingern, die Saiten der türkischen Langhalslaute Saz in Schwingung zu versetzen.

Seine enge Verbundenheit zu Tirol, dem Außerfern und Reutte wurde ihm erst vor Kurzem wieder bewusst. Im ORF läuft gerade mehrmals am Tag ein Weihnachtswerbetrailer: „Mein Herz schlug höher, als ich für Millisekunden die Berge, den Hahnenkamm und Reutte von der Dürrenberger Alm aus erkannte.“

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