Kunst

Sonderbare Heilige und ein Tisch voller Figürchen

© augustinermuseum rattenberg

Von Roman Ondák hat Hermann Drexel die Idee geklaut, die Besucher des Rattenberger Augustinermuseums künstlerisch aktiv werden zu lassen.

Von Edith Schlocker

Rattenberg –Es ist kein leeres Sprichwort, dass Not erfinderisch macht. Bewahrheitet sich jedenfalls in den zwei Sonderausstellungen, die Hermann Drexel in „seinem“ Rattenberger Augustinermuseum diesen Sommer aus dem Hut bzw. dem finanziellen Nichts gezaubert hat. Indem er einmal im musealen Depot gestöbert hat und für die zweite Schau die Besucher selbst „künstlerisch“ aktiv werden ließ. Mit einem Ergebnis, das sich sehen lassen kann.

Als bezaubernde, auf einem riesigen Tisch ausgebreitete Installation. Auf dem 500 winzige Skulpturen stehen. Geformt aus gold- bzw. silberfarbigem Stanniol, in das ein Rattenberger Schokoladehersteller üblicherweise seine süßen Köstlichkeiten wickelt. Ein Stoß dieser glitzernden Papierchen ist in den vergangenen zwei Sommern in der Schausammlung des Augustinermuseums aufgelegen, verbunden mit der Aufforderung an die Besucher, eine kleine Plastik zu formen.

Mehr als 6000 Besucher sämtlicher Altersstufen sind dieser Aufforderung offensichtlich lustvoll gefolgt. Um mehr oder weniger kunstvoll Herzen, Schiffchen, Figuren, die unterschiedlichsten Tiere, Blüten oder auch Abstraktes zu formen. Teilweise offensichtlich inspiriert von gerade im Museum Gesehenem, andere ganz frei oder in der Manier japanischen Origamis. 500 der gelungensten Objekte hat Hermann Drexel ausgesucht, um sie nun als große Installation zu präsentieren, in der das einzelne Figürchen unwichtig, zum Teil eines herzerfrischenden großen Ganzen wird. Drexel gibt zu, die Idee zu dieser Aktion vom slowakischen Künstler Roman Ondák „geklaut“ zu haben. Der 2004 in der Münchner Pinakothek der Moderne die Installation „Passage“ gezeigt hat, gepuzzelt aus 500 von japanischen Stahlarbeitern geformten Teilen.

Weitaus musealer im klassischen Sinn geht es in der zweiten Sonderausstellung des heurigen Sommers zu. Sie zeigt 135 der 377 Blätter des druckgrafischen Werks „Annus dierum Sanctorum“ der Augsburger Kupferstecher Johann Sebastian und Johann Baptist Klauber, das 1750 unter Mitarbeit von Gottfried Bernhard Göz entstanden ist. Angelegt als Kalender der ganz besonderen Art, zeigt jedes der zehn mal 15 Zentimeter kleinen Blätter doch eine Szene aus dem Leben des Heiligen des jeweiligen Tages.

Wobei dem Betrachter dieser grafisch fabelhaften, erzählerisch dichten Kupferstiche nicht nur die üblichen Heiligen begegnen, sondern auch einige sehr sonderbare, kaum bekannte. Etwa einem Philemon Minus, ein ägyptischer Flötenspieler des vierten Jahrhunderts, der bekehrt als Märtyrer gestorben ist. Denselben grausamen Tod hat auch der hl. Longinus erlitten, jener Soldatenhauptmann, der Christus die Brustwunde zugefügt hat, bevor er zum Christen wurde. Dieser Zyklus von Kupferstichen ist eine absolute kunsthistorische Rarität. Das Rattenberger Exemplar ist komplett erhalten, die Blätter sind teilweise signiert und in perfektem Erhaltungszustand.

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Angela Dähling

Angela Dähling

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