Weltpolitik

„Österreich erhält Antworten“

Die amerikanische Botschafterin in Wien, Alexa Wesner, im TT-Interview über den Spionageskandal und die jüngste Irritation im Verhältnis zu Österreich.

Die Außenminister John Kerry und Sebastian Kurz haben bei ihrem Treffen in Wien Expertengespräche über die angebliche amerikanische Spionagetätigkeit in Österreich vereinbart. Wie dürfen wir uns diese Gespräche vorstellen?

Alexa Wesner: Es stimmt, dass Außenminister Kurz gegenüber Außenminister Kerry diese Vorgangsweise vorgeschlagen hat. Es liegt jetzt an den Geheimdienstexperten, wie diese Gespräche tatsächlich vorankommen, was etwa Termine und beteiligte Personen betrifft.

Können wir also davon ausgehen, dass österreichische Ermittler in die Vereinigten Staaten reisen und dort amerikanische Geheimdienstler treffen?

Wesner: Das kann ich schlicht nicht beantworten, weil es an den zuständigen österreichischen Regierungsmitgliedern liegt. Für die kann ich nicht sprechen.

Allgemeiner formuliert: Außenminister Kurz hat gesagt, Österreich fordere Antworten. Wird es diese Antworten geben?

Wesner: Ja. Ich vermute, dass Österreich diese Antworten bekommen wird.

Das würde zugleich bedeuten, dass US-Geheimdienste einem Land Auskunft darüber teilen, was sie in diesem Land tun ...

Wesner: Noch einmal – das liegt an den Geheimdiensten. Ich kann nicht sagen, wie das abläuft und wer beteiligt sein wird. Was ich sagen kann ist, dass die Vereinigten Staaten und Österreich großartig zusammenarbeiten.

Außenminister Kurz hat nicht ausgeschlossen, einen US-Diplomaten auszuweisen, sollten die geforderten Antworten nicht kommen. Ist das etwas, was Sie besorgt oder worauf Sie sich vorbereiten?

Wesner: Es liegt beim österreichischen Außenministerium, wie sie bilateral auf eine Situation reagieren. Ich weiß nicht, was in der Zukunft sein wird. Aber ich halte es für den richtigen Weg, diese Dinge den Expertenkanälen zu überlassen.

Natürlich wünscht sich niemand, dass ein Diplomat ausgewiesen wird. Aber ich wache nicht in der Früh auf und denke, dass das passieren wird. Ich weiß nicht, wie Minister Kurz weiter vorgehen will. Außerdem ist ja auch das österreichische Innenministerium mit zuständig.

Fürchten Sie, dass diese Angelegenheit die bilateralen Beziehungen belasten kann?

Wesner: Schauen Sie, ich bin inmitten der NSA-Sache nach Österreich gekommen (im vorigen Sommer, Anm.). Ich war also noch in den Vereinigten Staaten, als das ausgebrochen ist. Es war interessant zu sehen, dass der Dialog in den Vereinigten Staaten derselbe war wie in Österreich.

Dieses Thema wirft eine Menge Fragen auf, und die Leute sind besorgt. Daraufhin hat Präsident Barack Obama eine Expertengruppe beauftragt und dann in einer großen Rede Reformen angekündigt. Es gibt Fortschritt.

Diese Angelegenheit ist zwar definitiv eine Herausforderung, aber keine, die man unter Freunden nicht durcharbeiten könnte. Letztlich sind wir alte Freunde – und wir haben dieselben Werte und gemeinsame Ziele, auch wenn wir uns aufgrund der unterschiedlichen Geschichte manchmal von verschiedenen Seiten annähern.

Es gibt Umfragen in Deutschland, wonach die Menschen jetzt weniger Vertrauen in die Vereinigten Staaten haben als vor den NSA-Enthüllungen. Sind Sie besorgt, dass das auch in Österreich passieren kann?

Wesner: Absolut. Bis zu einem gewissen Grad gibt es in Österreich dieselben Bedenken wie in Deutschland. Meine Rolle ist derzeit zuzuhören und zu beruhigen. Wir haben eine starke Beziehung, und wir wollen auf beiden Seiten des Atlantiks Privatsphäre und Sicherheit. In dieser sich rasch wandelnden Welt müssen wir unsere Bürger vergewissern, dass sie sicher sind. Das erfordert eine fortgesetzte und verstärkte Kooperation zwischen unseren Ländern.

Das Gespräch führte Floo Weißmann