Demonstranten stürmen Spielfeld: Abbruch bei Match von Haifa
Es sollte ein Freundschaftsspiel zwischen dem israelischen Team und dem OSC Lille werden. Kurz vor Ende stürmten Zuschauer mit palästinensischen Fahnen das Feld. Auch Spieler sollen attackiert worden sein.
Bischofshofen – Der Konflikt im Gazastreifen hat gestern, Mittwoch, im salzburgischen Bischofshofen zu Ausschreitungen bei einem internationalen Freundschaftsspiel geführt. Das Fußballmatch zwischen dem französischen Oberhausclub OSC Lille und dem israelischen Verein Maccabi Haifa wurde in der 85. Minute beendet, nachdem Zuseher mit palästinensischen Flaggen auf das Feld gestürmt waren und Spieler attackierten.
Laut Polizei waren rund 20 großteils türkischstämmige Österreicher - es haber sich um im Land Salzburg ansässige Personen gehandelt - mit palästinensischen und türkischen Fahnen auf das Spielfeld gelaufen und hatten Parolen mit Bezug auf den Gazakonflikt geschrien. „Es war ein Tumult am Spielfeld. Vorrangig sind israelische Spieler attackiert worden“, sagte Polizei-Sprecher Ortwin Lamprecht am Donnerstag zur APA. Zuerst hätten nur wenige Zuseher das Spiel verfolgt, weil es geregnet habe. „Dann haben die Polizeibeamten, die vor Ort waren, erkannt, dass sich eine Gruppierung unter die Zuschauer gemischt hat. Es wurde Verstärkung angefordert. Der Tumult konnte rasch beendet werden.“
Situation „schon sehr bedrohlich“
Christian Winkler, Obmannstellvertreter vom SK Bischofshofen, schilderte, dass Zuseher kurz vor Spielende kleinere Plakate, meist im A3-Format, mit anti-israelischen Parolen ausgepackt und dann den Platz gestürmt hätten. Die Spieler von Lille hätten sogleich das Feld verlassen, doch nahezu die komplette Mannschaft des israelischen Vereins sei da geblieben und habe sich auf die Konfrontation eingelassen, einige israelische Spieler hätten sehr aggressiv reagiert. „Für mich war die Situation schon sehr bedrohlich. Es handelte sich aber Gott sei Dank um eine kleine Gruppe, die auf das Fußballfeld gelaufen war. Ein anderer Teil der Gruppe stand auf der Straße und war durch ein Gitter getrennt. Die Polizei war auch schnell vor Ort. Wir haben alles hermetisch abgeriegelt, damit da nichts mehr passieren kann“, sagte Winkler am Donnerstag.
Landesamt für Verfassungsschutz ermittelt
Angaben des Clubs Haifa zufolge wurden die Spieler Idan Vered und Dekel Keinan tätlich angegriffen. Nach dem Abbruch des Spiels in der 85. Minute bei einem Spielstand 2:0 wurden offenbar auch Gegenstände auf das Team geworfen. Haifa hat auch mehrere muslimische Spieler in seinem Kader. Ersten polizeilichen Erhebungen zufolge wurde niemand verletzt. „Es kann natürlich sein, dass jemand nachträglich ins Krankenhaus gekommen ist. Davon erfährt die Polizei erst dann, wenn das Krankenhaus eine Verletzungsanzeige aufgegeben hat“, erläuterte Polizei-Sprecher Lamprecht.
Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) wurde eingeschaltet. Ermittelt wird, ob es auch strafrechtliche Konsequenzen für die Aggressoren gibt. „Sicher ist, dass ein verwaltungsrechtlicher Tatbestand vorliegt“, sagte Lamprecht. „Eine Ordnungsstörung ist das auf jeden Fall. Es wird in alle Richtungen ermittelt, auch in Bezug auf gerichtliche Tatbestände.“ Die Identitäten der Personen sei der Polizei bekannt, erklärte der Polizei-Sprecher. An dem Einsatz hatten sich neben Streifenbeamten aus dem Bezirk St. Johann im Pongau auch noch Beamte des Landeskriminalamtes sowie Schengenfahnder, Diensthundestreifen und letztendlich auch das Einsatzkommando Cobra beteiligt.
„Bei uns im Verein wird Integration großgeschrieben“
Für den Obmannstellvertreter des SK Bischofshofen war es der erste negative Platzsturm bei einem Fußballspiel in Bischofshofen. „Bei uns im Verein funktioniert Integration. In den Fanblöcken offenbar nicht. Wir haben auch viele türkische Spieler dabei. Die haben auch mitgeholfen, dass die Situation nicht noch mehr eskaliert.“ Im Vorfeld habe man nicht erkennen können, dass Tumulte drohten. „Über das Internet geht das aber schnell. Das gestrige Spiel war ja sehr kurzfristig angesetzt und vorverlegt worden.“
Trotz der Auseinandersetzungen möchte Winkler in Zukunft nicht auf internationale Freundschaftsspiele verzichten. „Sonst hätten die Randalierer alles zerstört und viel erreicht. Ich sehe den gestrigen Tumult als eine Ausnahme. Wir werden das aber noch im Vorstand besprechen.“ Es gehe beim Fußball um den Sport und nicht um Politik und Rassenhass. „Bei uns im Verein wird Integration großgeschrieben. Wir haben acht Nationalitäten, darunter auch aus Syrien, Albanien und Nigeria. Ein Großteil der Spieler ist schon hier geboren. Aber es gibt leider auch die Schattenseiten. Dann passieren solche Dinge, ich verstehe das nicht.“
Faymann nach Vorfall empört
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat auf den anti-israelischen Vorfall mit Empörung reagiert. „Gäste, die sich in Österreich aufhalten, haben das Recht, das in Sicherheit zu tun; unabhängig von ihrer Herkunft und ihrer religiösen Zugehörigkeit“, erklärte er am Donnerstag. Österreich stehe für den respektvollen Umgang aller Religionen miteinander, sagte Faymann weiter. „Übergriffe auf Sportler, die ihre Saisonvorbereitung in Österreich absolvieren, sind absolut nicht zu tolerieren. Österreich steht für ein friedliches Miteinander aller Religionen. Das soll auch in Zukunft so sein.“
Sicherheitsvorkehrungen für Paderborn-Haifa-Spiel in Wörgl
Der deutsche Fußball-Bundesligist SC Paderborn wird sein Testspiel gegen Maccabi Haifa am Samstag (18.00 Uhr) in Wörgl unter besonderen Schutzmaßnahmen austragen. Wie ein Club-Sprecher der in Bielefeld erscheinenden Tageszeitung Neue Westfälische am Donnerstag erklärte, werde man das Spiel nur mit Sicherheitsvorkehrungen durchführen. Alle Paderborner Fans, die zum Spiel kommen wollen, würden deshalb gebeten, ihren Personalausweis mitzubringen. Eine Absage der Begegnung sei kein Thema. „Wir wollen dieses Testspiel, weil es einfach ein guter Gegner ist“, sagte Pressesprecher Matthias Hack.
Paderborn-Manager Sport Michael Born betonte, dass man das Spiel nicht deshalb absagen sollte, weil in dem Land des Gegners Kampfhandlungen stattfinden: „Ich denke, da sollte der Sport im Vordergrund stehen. Für mich ist das eine unfassbare Eskalation, wenn Sportler auf einem Platz angegriffen werden.“ (APA, dpa)
Politische Reaktionen auf Tumult
Neben Bundeskanzler Faymann haben auch weitere Politiker aus Österreich und Organisationen haben mit Empörung auf den Tumult während des Fußballspiels Maccabi Haifa gegen OSC Lille in Bischofshofen reagiert.
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner erklärte: „Konflikte aus anderen Ländern nach Österreich zu tragen ist absolut inakzeptabel. Ich habe immer betont, dass die Grenze zwischen der Gewalt der Worte und körperlicher Gewalt fließend ist. In Bischofshofen wurde diese Grenze mehr als überschritten.“ Mikl-Leitner bedankte sich bei den Einsatzkräften, die durch ihr „rasches und kompetentes Einschreiten“ Schlimmeres verhindert hätten.
Außenminister Sebastian Kurz verurteilte die tätlichen Angriffe gegen Spieler von Maccabi Haifa beim Testspiel gegen Lille in Bischofshofen in aller Deutlichkeit. „Ich fordere eine vollständige Aufklärung dieser Vorfälle. Die Täter müssen zur Rechenschaft gezogen werden, denn in Österreich darf es gegenüber religiös oder antisemitisch motivierter Gewalt absolut Null-Toleranz geben. Auch wenn der Nahost-Konflikt berührt, darf dieser Konflikt nicht nach Österreich getragen werden.“ Kurz hob hervor, dass das Zusammenleben diverser Religionsgruppen in Österreich bis jetzt gut funktioniere. Das sei ein langer und schwieriger Weg, der nicht gefährdet werden dürfe.
FPÖ-Chef Strache forderte „Null-Toleranz gegenüber radikalem Islamismus in Österreich“. Die Vorfälle beim gestrigen Fußballspiel bezeichnete er als einen Skandal. „Die Täter müssen anhand der vorhandenen Videoaufzeichnungen ausgeforscht und zur Verantwortung gezogen werden.“ Österreich sei ein neutrales Land, das eine geschichtliche Verantwortung gegenüber Israel habe und daher besonders sensibel mit antisemitischen Vorfällen wie diesem umgehen müsse. „Ich richte auch einen Appell an die SPÖ und die Grünen, die aufgrund der mangelnden Zustimmung bei der autochthonen Bevölkerung, immer mehr auf die Stimmen der muslimischen Zuwanderer schielen, sich hier klar auf die Seite des Rechtstaates zu stellen.“
„Persönlich sehr betroffen“ zeigte sich der Wiener FPÖ-Gemeinderat David Lasar am Donnerstag im Zuge einer Pressekonferenz von den Ereignissen in Bischofshofen. „Ich bin mehr als bestürzt, dass solche Übergriffe heute in Österreich wieder Schule machen“, erklärte er. Er fordere daher sowohl den Wiener Bürgermeister Michael Häupl als auch Bundeskanzler Werner Faymann (beide SPÖ) sowie Bundespräsident Heinz Fischer auf, „endlich klare und eindeutige Worte zu finden und nicht zu beschwichtigen, nur um gewisse Wählergruppen nicht zu vergraulen“. Es könne nicht sein, dass von außen gesteuerte Konflikte in Österreich ausgetragen würden. „Das sind Probleme, die wir hier nicht brauchen“, betonte Lasar.
Betroffen zeigte sich Grünen-Chefin Eva Glawischnig. „Antisemitismus ist offensichtlich noch immer alltägliche Realität, der nun unter dem Vorwand des aktuellen Nahostkonflikts neue Nahrung bekommt. In unserer Gesellschaft darf Judenfeindlichkeit keinen Platz haben - nicht in einem europäischen Land und schon gar nicht in Österreich. Anstatt zu Verhetzen und gegeneinander aufzutreten, sollten wir uns in Österreich gemeinsam friedlich für Waffenruhe und ein Ende des Blutvergießens im Gaza einsetzen.“
„Volle Aufklärung“ von den österreichischen Behörden forderte der Club der Freunde Israels (CdFI). „Für uns ist die Grenze der Toleranz erreicht. Es ist völlig inakzeptabel, dass bei uns in Österreich israelische Staatsbürger angegriffen werden, gleichgültig ob am oder abseits des Fußballfeldes“, sagt CdFI-Sprecher Daniel Kapp. „Wir erwarten uns, dass von allen Seiten klargestellt wird, dass derartige Szenen in Zukunft auf Österreichs Fußballplätzen nichts verloren haben.“ (APA)