Ortschefs drohen mit Volksbefragung
Osttiroler Bürgermeister und die Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) segeln auf Konfrontationskurs. Nach dem zweiten runden Tisch zur Natura-2000-Ausweisung der Isel überlegen die Ortschefs, das Volk zu befragen.
Von Catharina Oblasser
und Peter Nindler
Kals a. Gr. –Nach dem runden Tisch zum Thema „Natura 2000“ und zur Unterschutzstellung der Isel sind die Fronten verhärteter denn je. Schon vor Ende der Besprechungen im Kultursaal von Kals am Großglockner verließen zwei der Osttiroler Bürgermeister, deren Gemeinden an der Isel liegen, den Saal. Der Prägratner Bürgermeister Anton Steiner, der auf die Verwirklichung eines Kraftwerksprojekts hofft, warf LHStv. und Sitzungsleiterin Ingrid Felipe (Grüne) „Brachialdemokratie“ vor und stürmte aus dem Gebäude. Sein Amtskollege aus Matrei, Bundesrat Andreas Köll (ÖVP), legte noch mehrere Schäuferln drauf und lieferte den anwesenden Medien eine wahrhafte Inszenierung.
„Die Vorgehensweise von Ingrid Felipe ist ein Skandal“, so Köll. Sie habe seinen Parteikollegen Hermann Kuenz und auch ihn, Köll, nicht zu Wort kommen lassen, während Vertreter der NGOs ständig Statements hätten abgeben dürfen, wirft Köll ihr vor. Außerdem hätte pro Gemeinde nur ein Vertreter beim runden Tisch sein dürfen. „Aber sonst waren viele dabei, die gar nicht eingeladen waren.“ Auch der neue Vorschlag zur genauen Abgrenzung der Natura-Schutzzone in Osttirol geht Köll gegen den Strich. „Das werden wir nicht hinnehmen. Wir überlegen, in den betroffenen Gemeinden Volksbefragungen oder -abstimmungen zu Natura 2000 durchzuführen.“
Die Erregung der von Natura 2000 betroffenen Bürgermeister ist nicht schwer nachzuvollziehen. Umfasst der neue Vorschlag zur Unterschutzstellung doch ein viel größeres Gebiet, als es die Bürgermeister in ihrem eigenen Vorschlag ausweisen wollen. Vor Kurzem hatte der Planungsverband 34, dem die Gemeinden an der Isel und den Zubringerbächen Tauernbach, Schwarzach und Kalserbach angehören, ihre eigene Zonenabgrenzung für Natura 2000 vorgelegt. Diese umfasst nur Teile der Isel und ihrer Zubringer. Die Bereiche, in denen Kraftwerke geplant sind, wie etwa in Prägraten und Virgen, sind größtenteils nicht enthalten.
Anders sieht hingegen der neue Vorschlag aus, der von der Umweltabteilung des Landes gemeinsam mit einem Osttiroler Planungsbüro erarbeitet wurde. Dieser wurde im Rahmen des runden Tisches präsentiert. „Mir ist schon klar, dass dieser Vorschlag nicht bei allen auf Gegenliebe stoßen wird“, sagt LHStv. Felipe. „Die Gebiete, die der Planungsverband als Schutzgebiete vorschlägt, sind zwar enthalten, wir brauche aber mehr.“ Das „Mehr“ umfasst laut Felipe die gesamte Isel ab der Nationalparkgrenze. „Sie soll quasi als Rückgrat von Natura 2000 dienen.“ Zusätzlich sollen Teile der Zubringerbäche Schwarzach, Kalserbach und Tauernbach auch noch unter den Natura-Schutzmantel. Das sei laut fachlicher Einschätzung nötig. „Es ist eben so, dass in diesem Prozess nicht jeder Wunsch zu hundert Prozent erfüllt werden kann. Könnte ich das, würde ich zaubern müssen“, sagt Felipe. Indes drängt die Zeit: Mit 31. August soll ein finaler Ausweisungsvorschlag des Landes fertig sein, um das angepeilte Ziel, eine Nominierung im September, einhalten zu können.
Und was das „Sprechverbot“ betrifft, das Andreas Köll ihr vorwirft, meint Felipe: „Die Rednerliste war geschlossen. Und es ist nicht so, dass Andreas Köll während des runden Tisches nichts hätte sagen dürfen.“