Arbeitsmarkt

Wenn der Chef in Karenz geht: Hürden sind nach wie vor hoch

Bernhard Hochreiters Job wird für die Karenzzeit auf mehrere seiner Kollegen aufgeteilt.
© Hochreiter

Immer mehr Männer in Führungspositionen würden gerne in Väterkarenz gehen. Doch häufig scheitert das Vorhaben am Einkommensunterschied von Mann und Frau.

Von Susanne Meier

Innsbruck –Mit Spannung blickt Bernhard Hochreiter den letzten drei Monaten des heurigen Jahres entgegen. Diese wird er alleine mit seiner dann neun Monate alten Tochter verbringen, während seine Frau ihre Karriere als Medizinerin verfolgt. Bei seinem älteren Sohn hat er die erste Zeit leider größtenteils verpasst, da er einer Vollbeschäftigung nachgegangen ist. Die wichtige Prägungsphase eines Kindes würden meistens die Frauen miterleben, weshalb sie eine engere Bindung aufbauen können, denn die Väter seien von früh bis spät auf Arbeit, bedauert Hochreiter. Dieses Mal nutzt er die Chance, die sein Arbeitsgeber, die Innsbrucker Verkehrsbetriebe (IVB), ihm gibt, um ganz für das Töchterchen da zu sein. Obwohl er als betrieblicher Gesundheitsmanager eine Führungsposition innehat, nimmt die IVB den organisatorischen Aufwand gerne in Kauf, um Hochreiter bei der Inanspruchnahme der Väterkarenz zu unterstützen. „In unserem Leitbild und unserer Unternehmenskultur hat das Wohlbefinden unserer Mitarbeiter einen hohen Stellenwert“, sagt Personalchefin Birgit Haidacher. Es sei alles eine Frage der Umstrukturierung der Verantwortlichkeiten. Im Fall von Bernhard Hochreiter wird die Stelle nicht nachbesetzt, sondern die Zuständigkeiten werden auf mehrere Mitarbeiter verteilt. „Wir haben das lange Zeit im Voraus planen können und ich werde die ruhigeren Sommermonate nutzen, um Projekte vorzubereiten und dann zu delegieren“, erklärt der Gesundheitsmanager, dem es bei aller Vorfreude auf die gemeinsame Zeit mit seiner Tochter nicht leichtfällt, eine Berufspause einzulegen. „Aber meine Frau hat das gleiche Recht wie ich, ihrer Karriere nachzugehen.“ Da beide ähnliche Einkommen beziehen, ist es möglich, die Elternkarenz aufzuteilen.

Die Frage nach der Höhe des Gehalts ist die Entscheidende beim Thema Elternkarenz. Das musste auch die Führung von IKEA erkennen, die aufgrund der in Schweden wurzelnden Firmentradition stark darauf bedacht ist, flexible Arbeitszeitmodelle zu forcieren, um unter anderem die Familienplanung ihrer Angestellten zu unterstützen. Während es dem IKEA-Austria-Manager Rodolphe de Campos möglich war, nach der Geburt seiner Kinder jeweils für einige Monate in Väterkarenz zu gehen, musste der Klagenfurter Einrichtungshauschef Jan Janko darauf verzichten. „Ich wäre nach der Geburt meiner Tochter gerne in Karenz gegangen. Meine Frau und ich haben lange über dieses Thema diskutiert – zumal IKEA das durchaus unterstützt und für gut befunden hätte. Aber schließlich war es eine klare Entscheidung: Wenn mein Gehalt wegfällt, wird es schwierig!“

Sowohl die gesellschaftliche Akzeptanz als auch die politischen Rahmenbedingungen sind in Österreich nicht optimal, um Männern die Väterkarenz zu ermöglichen – vor allem dann nicht, wenn sie in der Chefetage arbeiten. Eine Studie des Landes und der Wirtschaftskammer Niederösterreich hat ergeben, dass zwei Drittel der befragten Männer gerne in Väterkarenz gehen würden, aber nur sechs Prozent es in die Tat umsetzen.

IVB-Gesundheitsmanager Bernhard Hochreiter hat das Glück, die ersten Worte seiner Tochter mitzuerleben und sich als Hausmann zu beweisen. Er weiß, dass vor ihm keine drei Monate der Erholung liegen, sondern dass die Erziehung von Kindern harte Arbeit bedeutet. Er hofft, dass er als Führungskraft eine Vorbildfunktion ausübt und sich zukünftig mehr männliche IVB-Mitarbeiter für die Väterkarenz entscheiden werden. Damit sich dieser Wunsch erfüllt, müssen die Einkommensunterschiede zwischen Männern uns Frauen endlich aufgehoben, mehr Leitungspositionen mit weiblichen Führungskräften besetzt, flexible Arbeitszeitmodelle gefördert und die Reproduktionsarbeit als wesentlicher Erfolgsfaktor für die gesamtgesellschaftliche Wirtschaftsleistung anerkannt werden.