Taliban-Angriffe rund um Angelobung Ghanis als afghanischer Präsident

Kabul (APA/dpa/AFP) - Mit einer Kampfansage an die Korruption und - trotz Anschlägen als Begleitmusik zu seiner Angelobung - mit einem Fried...

Kabul (APA/dpa/AFP) - Mit einer Kampfansage an die Korruption und - trotz Anschlägen als Begleitmusik zu seiner Angelobung - mit einem Friedensangebot an die Taliban hat der neue afghanische Präsident Ashraf Ghani sein Amt angetreten. Der frühere Finanzminister und Weltbank-Experte wurde am Montag im Präsidentenpalast in Kabul vereidigt.

Er folgt Präsident Hamid Karzai nach, der Afghanistan seit dem Sturz des Taliban-Regimes vor fast 13 Jahren per US-geführter Invasion nach den 9/11-Anschlägen regierte. Es ist der erste demokratische Machtwechsel in der Geschichte des Landes.

Ghani sagte bei der feierlichen Zeremonie vor rund 1.500 Gästen: „Wir werden Korruption in Regierungseinrichtungen nicht dulden.“ Er werde damit beginnen, gegen Korruption im Präsidentenpalast vorzugehen. Die Taliban rief Ghani zu einem Friedensprozess auf. „Unsere Botschaft ist eine Botschaft des Friedens“, sagte er. „Wir fordern die Taliban dazu auf, sich an politischen Gesprächen zu beteiligen.“

Ghani kündigte auch an, gegen Armut vorzugehen und Arbeitsplätze zu schaffen. „Frieden ohne soziale Gerechtigkeit kann nicht dauerhaft sein. Wir werden hart daran arbeiten, dauerhaften Frieden zu schaffen.“

Karzai sagte in seiner letzten Ansprache als Präsident: „Das wichtigste, was wir in den vergangenen 13 Jahren nicht geschafft haben, ist dauerhafter Frieden.“ Er hoffe, dass das der neuen Regierung gelingen werde. Ghani kündigte eine „Goldene Ära“ auf der Basis der Errungenschaften der vergangenen 13 Jahre an. Für die Vereidigung waren die Sicherheitsvorkehrungen in Kabul deutlich verschärft worden. Tausende Soldaten und Polizisten waren im Einsatz.

Dennoch detonierte kurz vor der Angelobung am Montagvormittag auf der Straße zum Kabuler Flughafen eine Bombe. Die Polizei teilte mit, vier Menschen seien getötet und acht weitere verletzt worden. Im nordafghanischen Kunduz habe sich ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt und zwei Zivilisten verletzt, sagte ein Polizeisprecher. Auch in der ostafghanischen Provinz Paktia sprengte sich ein Selbstmordattentäter der Taliban in einem Fahrzeug in die Luft, wie die Provinzregierung mitteilte. Angaben über Opfer lagen zunächst nicht vor. Schon am Wochenende hatte es mindestens 14 Tote bei Anschlägen an mehreren Orten des Landes gegeben.

Ghani (65) hatte die Stichwahl um das Amt im Juni gegen Ex-Außenminister Abdullah Abdullah gewonnen. Abdullah hatte nach der Wahl massiven Betrug kritisiert. Unter US-Vermittlung einigten sich Ghani und Abdullah nach langem Streit auf eine Einheitsregierung. In ihr erhält Abdullah (54) den Posten eines „Geschäftsführers“. Ghani ist aber Staats- und Regierungschef. Nach der Vereinbarung zwischen Ghani und Abdullah soll eine Große Ratsversammlung (Loya Jirga) innerhalb von zwei Jahren die Verfassung ändern und für Abdullah den Posten eines Ministerpräsidenten schaffen.

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Die USA und die NATO haben mit zunehmender Ungeduld auf den Amtswechsel gewartet. Der NATO-Kampfeinsatz in Afghanistan läuft zum Jahresende aus. Der geplante kleinere Folgeeinsatz zur Unterstützung und Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte angesichts der nach wie prekären Sicherheitslage im Land hängt ohne die Unterschrift des neuen Präsidenten unter Abkommen mit den USA und der NATO in der Luft. Karzai hatte sich geweigert, ein Abkommen mit den USA, das im Kern den Verbleib von etwa 10.000 amerikanischen Soldaten vorsieht, zu unterzeichnen und dies seinem Nachfolger überlassen. Ghani hat zugesagt, bald zu unterzeichnen. Ohne die Abkommen, die ausländischen Soldaten Immunität vor afghanischer Strafverfolgung zusichern, droht ein Abzug aller ausländischen Truppen. Das Sicherheits-Abkommen mit den USA soll als Vorlage für Vereinbarungen auch mit anderen in Afghanistan engagierten Ländern dienen.

~ WEB http://www.nato.int/ ~ APA178 2014-09-29/11:08