Lienz wird „orthodoxes Mekka“
Die Antoniuskirche soll religiöses Zentrum für orthodoxe Gläubige aus nah und fern werden. Neben der monatlichen zweisprachigen Messe gibt es auch Religionsunterricht.
Von Catharina Oblasser
Lienz –Orgel gibt es keine in dem winzigen Antoniuskirchlein in der Lienzer Innenstadt. „Wir vertrauen auf unsere Stimmen“, verrät Georg Kobro, Erzdiakon der russisch-orthodoxen Kirche und wohnhaft in München. Der Geistliche und Historiker kam über Umwege nach Lienz: „Als ich noch klein war, sind meine Eltern mit mir zum Lienzer Kosakenfriedhof gefahren. Später kam ich dann selbst auch hierher.“ Mit dem Kosakenfriedhof und seiner neuen Kapelle, der Antoniuskirche, sowie dem neuen Museum mit Treffpunkt (siehe Kasten) könne man Lienz als Mekka für russischsprachige Orthodoxe bezeichnen, meint der Diakon. „Für viele aus der Diaspora, auch Kosaken, ist es eine Herzensangelegenheit, hier zu beten.“
Die Kosaken stammen ursprünglich aus Russland, schlugen sich aber im Zweiten Weltkrieg auf die Seite Hitlers, um Stalin zu bekämpfen. Nachdem Hitler den Krieg verloren hatte, wurden seine gefangenen Mitstreiter 1945 von Lienz aus an Stalin ausgeliefert – ein Schicksal, dem viele durch Selbstmord oder Flucht entkommen wollten. Noch heute wird dieser Tragödie am 1. Juni gedacht.
Mittlerweile pendelt Georg Kobro zwischen München und Lienz und will auf dem geschichtsträchtigen Osttiroler Boden eine orthodoxe Glaubensgemeinschaft um sich versammeln. „Egal, ob russisch-, serbisch-, griechisch- oder rumänisch-orthodox, alle sind willkommen“, betont er. Die monatliche Andacht bzw. Liturgie im Antoniuskirchlein wird auf Russisch und Deutsch gehalten. Zurzeit hat die Gemeinde 20 bis 30 Mitglieder, die teils aus Osttirol und Oberkärnten stammen. Doch auch Gäste von weiterher habe man schon begrüßt. Nach dem Gottesdienst geht es zum „Religionsunterricht“, wie Kobro beschreibt. „Wir setzen uns im neuen Museum zusammen, trinken Tee und behandeln theologische Fragen. Das ist wichtig, es gibt ja auch noch viel Aberglauben“, sagt der Geistliche.