Telfs — Es wurde spekuliert und gemutmaßt, seit gestern ist spruchreif, was die TT bereits vor Wochen berichtete: Die Tiroler Volksschauspiele Telfs werden künftig von einer gemeinnützigen GmbH getragen. Das kündigte Telfs' Bürgermeister Christian Härting im Rahmen einer Pressekonferenz an. Offiziell gegründet wird die neue Gesellschaft in den kommenden Tagen. Der entsprechende Beschluss soll am Donnerstag im Gemeinderat durchgewunken werden.
Neue Geschäftsführerin von Tirols traditionsreichstem Theaterfestival wird Ruth Haas, bislang Leiterin des Referats für Wirtschaft und Kultur der Marktgemeinde. Die Suche nach einem künstlerisch Verantwortlichen soll baldmöglichst beginnen. Ein Anforderungsprofil sei im Entstehen, sagt Härting: „Die Ausschreibung der Intendanz soll noch in diesem Jahr erfolgen. Gespräche mit Experten, die für die Berufungskommission in Frage kommen, gab es bereits." Im Idealfall könne sich die neue Intendantin, der neue Intendant, bereits bei den Spielen 2020 „umschauen", um dann 2021 „durchzustarten".
Programmatisch setzt man für die kommende Spielzeit auf Bewährtes: Die diesjährige Erfolgsproduktion „Verkaufte Heimat" wird mit „Feuernacht" fortgesetzt. Spielstätte wird erneut die abbruchreife Südtiroler-Siedlung. Für Dramatiker Felix Mitterer eine Chance: „Während ich den ersten Teil der Südtirol-Saga 1989 schon als Fernsehfilm für sehr gelungen hielt, bietet mir die ,Feuernacht' die Möglichkeit, eine Wiedergutmachung zu versuchen."
Mitterer dürfte bei den „neuen" Volksschauspielen nicht nur als Lieferant für Stoffe und Stücke im Einsatz sein. Als Mitglied des neuen Festival-Beirats ist der 71-Jährige auch Bindeglied zwischen Vergangenheit und Zukunft der Spiele. Mitterer gehört zur Gründergeneration des Festivals — und ist Vorstandsmitglied des Vereins, der die Volksschauspiele bisher verantwortete. Dieser dürfte in den nächsten Wochen aufgelöst werden.
Es sei gut, dass irgendwann etwas anderes nachkomme, sagt Mitterer. „Es war uns klar, dass sich etwas ändern muss." Dass der Verein nicht mit einer „So-lala-Produktion, die uns in den letzten Jahren auch passiert sind", abtrete, sondern mit einem Erfolg an der besten Spielstätte überhaupt, freue ihn außerordentlich.
Apropos Spielstätte: „Auf lange Sicht ist die Etablierung eines fixen Spielorts angedacht", sagt Bürgermeister Härting. Wie überhaupt die Rahmenbedingungen für die Volksschauspiele neu abgesteckt werden. Das Programm soll künftig längerfristig geplant, Finanz- und Personalentscheidungen sollen transparenter getroffen werden. Dafür wurden eigene Compliance-Regeln erarbeitet. „Zuletzt zeigten gerade Vorkommnisse aus dem Kulturbereich, dass verdienstvolle Initiativen Schaden nehmen, wenn undurchsichtig gearbeitet wird", sagt Härting. Die Einhaltung des Regelwerks soll vom neuen Beirat überwacht werden.
In diesem wird mit Landesdirektor Robert Unterweger auch ein Vertreter des ORF sitzen. Es sei ein Anliegen von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, dass das Tiroler Kulturschaffen auch im landesweiten Fernsehen eine größere Rolle spielt. Die Aufzeichnung und Ausstrahlung der „Verkauften Heimat" (25. Oktober, 21.50 Uhr, ORF III) sei ein erster Schritt zur Intensivierung des Engagements in Telfs gewesen, so Unterweger.
Wie die TT bereits berichtete, wird auch Karl Gostner, Obmann des Innsbruck Tourismus, Mitglied des Volksschauspielbeirats. Gostner stellt genauso wie Kulturlandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) eine Erhöhung der Förderungen für das Festival in Aussicht. Der TVB will seine Zuwendungen ab 2020 von 25.000 Euro auf 50.000 Euro verdoppeln. Das Land habe Subventionen von etwa 200.000 Euro budgetiert, so Palfrader. „Wenn es ein bisschen mehr wird, wird sich auch keiner aufregen." Die Marktgemeinde Telfs hat die Fördersumme für die kommenden Volksschauspiele von 180.000 Euro auf 200.000 Euro erhöht. „Wir wollen die Ursprungsidee der Volksschauspiele organisatorisch und strukturell auf neue Beine stellen — und auch für die Zukunft zeitgenössisches Volkstheater ermöglichen. Ein Schwerpunkt soll dabei auch auf der Förderung junger Akteurinnen und Akteure liegen. Politische Einflussnahme auf Programmentscheidungen wird es nicht geben", versichert Christian Härting.
Und Felix Mitterer packt seine Hoffnung in ein Versprechen: „Die Volksschauspiele sollen etwas Sprödes bleiben, Theater mit Ecken und Kanten — und kein Schickimicki-Festival werden." (jole)
Theater mit Geschichte
Innsbruck — Die Tiroler Volksschauspiele waren seit ihren Anfängen eine Initiative von Künstlern. Tiroler Theatergranden, die sich fern der Heimat einen Namen machten, versuchten sich seit 1981 an sommerlicher Feldforschung: Alte Stoffe wurden neu interpretiert — und mancher Neue (Stichwort: „Stigma") sorgte für Aufregung. Gegründet von Kurt Weinzirl und Dietmar Schönherr, unterstützt von Otto Grünmandl und lange Jahre geleitet von Hans Brenner, Ruth Drexel und zuletzt Markus Völlenklee, strahlten die Volksschauspiele weit über Tirol hinaus: Produktionen und Spielorte (von der Hohen Munde bis zum Schwimmbad) sorgten für Gesprächsstoff. Zuletzt kratzte die bisweilen beliebige Stückauswahl am überregionalen Glanz. Der soll nun durch zeitgemäßere Strukturen aufpoliert werden. (jole)