Oper

Opern-Krieg und Elend in bunter Musicalpracht

Der Feind kommt im Trojanischen Pferd aus Metall: Es Devlins bombastisches Bühnenbild für „Les Troyens“ an der Wiener Staatsoper.
© Staatsoper/Pöhn

Mit „Les Troyens“ von Hector Berlioz gelang der Wiener Staatsoper musikalisch Großartiges in belangloser Verpackung.

Von Stefan Musil

Wien –Der wahrhaftigste Moment passiert im fünften Akt. Das steht Didon alleine vor dem Zwischenvorhang, singt sich die Seele aus dem Leib. Joyce DiDonato ist dies­e Karthager-Königin, die hier zerbricht, nachdem sie von Aeneas (Enée) verlassen wurd­e. Ein großer Augenblick für DiDonato, die wenig später laut vom Publikum gefeiert wird. Sie weiß, wie man Wort und Musik in Deckung bringt. Berlioz ist hier vor allem Deklamation, Intensität und Ausdruck. DiDonato beherrscht das perfekt.

Gemeinsam mit dem die anspruchsvolle Tenorpartie des Enée strahlend meisternden Brandon Jovanovich hat sie davor bereits berührt. In einem Liebesduett, von beiden so herrlich zart gesungen, dass man den begleitenden Kitsch, vor allem die Balletteinlage in regenbogenbunten Kostümen, fast schon vergessen hat.

David McVicar liefert mit „Les Troyens“ seine sechste Inszenierung in Wien ab, ein­e Koproduktion von 2012 mit London und Mailand. Er setzt einmal mehr auf gefälliges Arrangement, kann mit den Figuren wenig anfangen. Diesmal in bombastischen, musicalartigen Bühnenbildern von Es Devlin. Berlioz hat in „Les Troyens“ Vergils Aenei­s vertont. Wenn eine solche Oper Dauerthemen wie Krieg, Zerstörung, Flucht aufbietet, bleibt ein arg schaler Nachgeschmack bei einer Produktion, deren einzige Sorge scheint, alles in schöne und beeindruckende Bilder zu verpacken. Natürlich schaut ein riesiges Trojanisches Pferd aus Elektro­schrott imposant aus. Doch verdankt es sich dann einzig Sängerpersönlichkeiten wie DiDonato, dass die Sache auch ein wenig tiefer geht. Oder einem Dirigenten wie Alain Altinoglu, der mit dem prachtvoll spielenden Orchester die Partitur grandios zum Leuchten und Schillern bringt und mit dieser Meisterleistung der zweite große Star des Abends ist.

Wobei es die Staatsoper insgesamt in musikalischen Angelegenheiten schafft, diesen Kraftakt hervorragend zu stemmen. So gelang es Monica Bohinec, kurzfristig und mutig, die große Partie der Cassandre, die die beiden ersten Akte beherrscht, für die erkrankte Anna Caterina Antonacci zu übernehmen. Besonders gefiel Szilvia Vörös mit ihrem dunklen Mezzo als Didons Schwester Anna. Hervorragendes leisteten ebenso der Staatsopernchor und der unterstützende Slowakische Philharmonische Chor. Unter den vielen kleineren Partien sorgten etwa Adam Plachetka als Chorèbe, Jongmin Park als Narbal, Paolo Fanale als Iopas, Benjamin Bruns als Hylas und Anthony Schneider als Schatten des Hector dafür, dass das Publikum auch nach fünf Stunden noch begeistert jubelte.

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