Gesundheit

Histamin hat viele Gesichter

Nach dem Genuss bestimmter Lebensmittel wie Sauerkraut kommt für Menschen mit Histamin-Intoleranz oft schlagartig der Frust.
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Wer auf Salami, Parmesan und Alkohol „allergisch“ reagiert, hat vermutlich eine Histamin-Intoleranz. Was bei der Unverträglichkeit zu beachten ist, erklärt ein Experte.

Von Gabriela Stockklauser

Innsbruck –Die Betroffenen klagen über Kopfschmerzen, Bauchkrämpfe und Durchfälle, über Herzrasen, Juckreiz am ganzen Körper, über unerklärlichen Schwindel und Unruhezustände. Immer mehr Menschen scheinen dieser Tage an einer Histamin-Intoleranz zu leiden. Die Symptom-Palette ist breit und unspezifisch.

Gerade diese Tatsache erschwert es dem Arzt, die Ursache der Unpässlichkeiten zu ermitteln. „Ich muss mich bei der Diagnose einer Histamin-Intoleranz hauptsächlich an die Beobachtungen meiner Patienten halten. Deutliche Hinweise liefern Beschwerden, die eindeutig mit dem Konsum von Alkohol, Thunfisch, lange gereiften Lebensmitteln wie Salami oder Hartkäsen sowie Sauerkraut in Verbindung stehen“, schildert der Innsbrucker Ernährungsmediziner Maximilian Ledochowski. Histamin entsteht im Körper selbst, kann aber auch über die Nahrung zugeführt werden. An sich sei Histami­n weder gut noch schlecht. „Es handelt sich um einen wirkungsvolle­n Botenstoff, der heftige Reaktione­n im Körper auslösen kann“, sagt Ledochowski.

Ist das Gleichgewicht zwischen Bildung und Abbau dieser chemischen Verbindung im menschlichen Organismus gestört, entsteht eine Histamin-Intoleranz. Dann kommt es bei zu hohen Konzentrationen der Substanz zu allergieähnlichen Symptomen. Die erste und häufigste Unverträglichkeitsreaktion ist meist der so genannte „Flush“. Beim Flush überzieht Gesicht und Hals eine schlagartige Rötung. Darüber hinaus kann es zu Kreislaufsymptomen mit Herzklopfen, Blutdruckabfall, Bauchkrämpfen und Durchfall kommen.

Weitere Indizien für das Vorliegen einer Histamin-Intoleranz können eine Glutamat-Empfindlichkeit – das so genannte China-Restaurant-Syndrom – sein oder eine Unverträglichkeit etwa von Röntgen-Kontrastmitteln. „Menschen mit Histamin-Intoleranz vertragen zudem Narkosen schlecht, müssen nach einer solchen häufig erbrechen. Aber auch andere Medikamente, die das Enzym DAO blockieren, vor allem Schmerzmittel, werden nicht vertragen. DAO (Diaminoxidase, Anm.) ist für den Abbau von Histamin zuständig“, fügt Ledochowski noch hinzu.

Gezielte Tests, die eine Histamin-Intoleranz zweifelsfrei nachweisen können, gibt es indes nicht. Von Selbsttests ist abzuraten, eine medizinische Abklärung sollte stets durch Allergologen und Ernährungsmediziner erfolgen. Wurde vom Arzt eine Histamin-Intoleranz diagnostiziert, ist das Ziel, die Balance von Einnahme und Abbau des Stoffes wiederherzustellen. Dazu sollte die Histamin-Zufuhr und -Freisetzung verringert, der Abbau beschleunigt sowie die Histamin-Wirkung und -Freisetzung mit Arzneien blockiert werden.

Da Histamin in der Nahrung meist auf eine bakterielle Verunreinigung zurückgeht, sollte man besonders bei eiweißhaltigen Lebensmitteln auf deren Frische achten und diese rasch aufbrauchen. Zudem ist es ratsam, auf gereifte Nahrungsmittel, Alkohol und so genannte Histamin-Freisetzer zu verzichten.

Letztere, auch Histamin-Liberatoren genannt, sind Lebensmittel, die selbst his­taminfrei sind, aber bewirken, dass körpereigenes Histamin im Darm freigesetzt wird. Welche Lebensmittel von Betroffenen künftig zu meiden sind und was sorglos verzehrt werden darf, muss jeder selbst mit dem Arzt abklären.

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