TT-Ombudsmann

Der Spion im Wohnzimmer: Alexa und Co. hören mit

Sie sind klein, schlicht und schick. Sprachgesteuerte Geräte wie Amazons Alexa, Google Home, Samsungs Bixby oder Microsofts Cortana ziehen in immer mehr Haushalten ein.
© iStock Editorial

In immer mehr Haushalten lauschen digitale Sprachassistenten mit. Dass dabei riesige Datenmassen aufgezeichnet werden, verstößt klar gegen den Datenschutz, warnt die AK.

Von Beate Troger

Innsbruck, Wien –Sie spielt auf Wunsch das Lieblingslied ab, schaltet das Licht ein und liest den Wetterbericht vor. Sie ist aber keine Haushaltshilfe aus Fleisch und Blut, nein, Alexa heißt der digitale Sprachassistent von Amazon. Und die Geräte werden immer beliebter. Nach Schätzungen der Arbeiterkammer (AK) nutzt jeder vierte Haushalt die schlauen Computer.

Doch weil sich die eingebauten Mikrofone im Dauerbetrieb befinden, und sich oft ohne die erforderlichen Codewörter wie „Alexa“ oder „Hey, Siri“ einschalten, warnen Konsumentenschützer immer lauter vor den Wanzen in den eigenen vier Wänden.

„Das Problem ist, indem ich mir so ein Gerät ins Haus hole, gebe ich mit jeder Verwendung die Zustimmung dazu, dass meine Gespräche aufgezeichnet werden“, sagt Walter Peissl. Er ist Vize-Direktor des Instituts für Technikfolgenabschätzung (ITA) an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Mitverfasser einer Studie über die Datenschutzverstöße der digitalen Sprachassistenten.

„Obwohl es technisch möglich wäre, dass die aufgezeichneten Daten nur direkt am Endgerät gespeichert und weiterverarbeitet werden, landen diese auf Servern in den USA“, weiß Peissl.

Und dort werden die Befehle und Gespräche mit den Geräten nicht nur digital ausgewertet, sondern von ganz realen Mitarbeitern, wie der belgische Sender VRT aufgedeckt hatte. Google beschäftigt ebenso wie Amazon und Apple ganze Teams, die stichprobenartig die aufgezeichneten Befehle auswerten. Mithilfe der manuellen Transkripte solle die Qualität der Sprachbefehlerkennung laufend optimiert werden, heißt es laut VRT offiziell von Seiten der Tech-Konzerne. Laut Google landen etwa 0,2 Prozent der weltweit gespeicherten Kommunikation auf den Schreibtischen der Mitarbeiter. „Damit ist ganz klar, dass gegen die europäische Datenschutzgrundverordnung verstoßen wird“, sagt der Experte im TT-Gespräch. Denn demnach müssten die Nutzer über die Verwendung ihrer Daten ausreichend informiert werden.

Immerhin muss Google seit dem 1. August nach einer Klage des zuständigen Hamburger Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar die umstrittene Auswertung durch Mitarbeiter für die nächsten drei Monate aussetzen.

Wie lange die persönlichen Daten gespeichert werden, wird von den Herstellern nur vage angegeben. Einzig Google spricht Klartext, und die Worte können durchaus erschüttern: „Die Sprachaufnahmen werden grundsätzlich unbegrenzt lange gespeichert und erst auf explizite Anfrage der NutzerInnen gelöscht“, heißt es im Infoblatt zu Google Home.

„Es ist also nicht davon auszugehen, dass die Konzerne die aufgezeichneten Daten freiwillig löschen“, ist Peissl überzeugt. Weil einige Geräte auch individuelle Stimmen unterscheiden können, etwa um bestimmte Funktionen für Kinder zu sperren, seien auch persönliche Rückschlüsse und Zuordnungen möglich.

Ganz unabhängig davon könnten auch die Speicherserver der Anbieter gehackt werden und die Daten so in falsche Hände geraten.

„Alexa oder Google Home können für Menschen mit körperlichen Einschränkungen die Lebensqualität natürlich massiv verbessern“, erläutert der ITA-Experte Walter Peissl. Doch in den heimischen Haushalten werden die schicken Geräte vor allem zur Bequemlichkeit verwendet.

Überaus gefährlich werde es, wenn die Hightech-Geräte aus unerklärlichen Gründen ein Eigenleben entwickeln. Peissl berichtet von einem Fall, in dem ein Streitgespräch durch ein zufällig ähnliches Codewort versehentlich aufgezeichnet und an Bekannte verschickt worden ist.

Nicht zuletzt verändere sich die Kommunikation in Familien, bei denen der digitale Mitbewohner eingezogen ist, warnt der Technikprofi. So werde den Kindern vorgelebt, dass zu viele Befehle durch die Wohnung geschrien werden. „Die Konversation wird direktiver und verknappt“, warnt auch die Wiener Sprachwissenschafterin Tatjana Lackner. Höflichkeit sei bei Alexa und Siri nicht mehr gefragt, stattdessen hagle es zu viele rigide Anweisungen.

Laut den Experten gelte es, den persönlichen Nutzen abzuwägen. Wer sicherstellen möchte, dass zuhause kein Lauschangriff stattfindet, sollte sich kein sprachgesteuertes Gerät anschaffen, rät die AK.

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