Explosion in St. Jodok

Frau in St. Jodok tot geborgen, Ermittlungen wegen Fahrlässigkeit

Am Tag nach dem verheerenden Unglück geht die Ursachenforschung weiter.
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Bei einer Explosion in einem Haus in St. Jodok wurden am Montag zwölf Menschen verletzt. Eine 91-jährige Frau galt als vermisst, ihre Leiche wurde von einem Suchhund aufgespürt. Die Tigas bestätigte eine angebohrte Gasleitung, die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen wegen fahrlässiger Gemeingefährdung eingeleitet.

Vals, St. Jodok — Nach der Explosion in einem Supermarkt in St. Jodok am Brenner am Montagvormittag hat die Tiroler Polizei die Identitäten der verletzten Personen bekanntgegeben. Deren Anzahl stieg auf zwölf an. Unter den Verletzten befand sich auch ein vier Monate altes Baby. Dieses sei aber nicht schwer verletzt worden, hieß es.

Neben dem Kleinkind waren sechs männliche österreichische Staatsbürger im Alter zwischen 28 und 62 Jahren, vier einheimische Frauen im Alter zwischen 29 und 97 Jahren sowie ein 40-jähriger Deutscher betroffen. Eine Person wurde schwer verletzt.

Die angebohrte Gasleitung – etwa vier Meter vom Haus entfernt.
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Rund 24 Stunden nach der verheerenden Explosion in einem Supermarkt in St. Jodok war zuvor eine vermisste 91-Jährige in den Trümmern gefunden worden. Gegen 11.30 Uhr hatte ein Suchhund einen Schutthaufen im vorderen Teil des Hauses durchsucht und kurze Zeit später angeschlagen. Die Bergung des Leichnams der Frau ist inzwischen abgeschlossen, wie Christoph Hundertpfund vom Landeskriminalamt Tirol der Tiroler Tageszeitung mitteilte. Die Trauerhilfe ist vor Ort, berichtete TT-Redakteur Nikolaus Paumgartten aus St. Jodok.

Am Dienstagnachmittag wurde seitens der Staatsanwaltschaft Innsbruck ein Verfahren gegen vorerst unbekannte Täter eingeleitet. "Wir ermitteln wegen fahrlässiger Gemeingefährdung. Der Tod der Frau wäre rechtlich eine qualifizierte Folge aus diesem Delikt", so Staatsanwalt Hansjörg Mayr zur TT. Im Falle eines Schuldspruchs drohen auf das Delikt bis zu drei Jahre Haft.

Das Gebäude muss wohl komplett abgerissen werden.
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LKA: "Verkettung unglücklicher Umstände"

Vorherrschend war am Dienstag die Frage, wie es zu dem Unglück kommen konnte. Nachdem die Tigas eine angebohrte Gasleitung via Aussendung bestätigt hatte, aber auf eine "noch nicht restlos geklärte Ursache" verwies, äußerte sich Hundertpfund zum aktuellen Stand der Ermittlungen. Demnach war die Explosion "eine Verkettung unglücklicher Umstände".

Der Bohrkopf hatte die Gasleitung angeritzt, wodurch Gas austreten konnte — allerdings wegen der asphaltierten Decke nicht direkt am Leck. Somit hat es sich in das umliegende Erdreich ausgebreitet und hat so auch rasch das nur vier Meter entfernt liegende Haus erreicht. Weil dieses mehr als 700 Jahre alt ist und daher auf Erd- statt Betonboden gebaut wurde, konnte das Gas ins Haus eindringen. "Der letztendliche, unmittelbare Auslöser für die Explosion ist aber noch nicht endgültig geklärt", betonte Hundertpfund und verwies auf die laufenden Untersuchungen von Spezialisten der Kriminaltechnik.

Die Aufräumarbeiten sind im Gang.
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Tigas: "Noch nicht restlos geklärte Ursache"

Die betroffene Gasleitung ist in der Nacht auf Dienstag freigelegt worden. Man habe die Stelle gefunden, an der sich der Bohrkopf bei durchgeführten Bohrungen befunden hat, hieß es seitens der Exekutive. In einem Nachbarhaus sollte ein neuer Gasanschluss gelegt werden. Ein von der Tigas beauftragtes Spezialunternehmen führte die Bohrarbeiten für eine Bachquerung zur Vorbereitung des Baus einer Gasleitung durch.

Derzeit sei davon auszugehen, dass die elektronisch überwachte Tiefenbohrung aus "noch nicht geklärter Ursache vom vorgesehenen Trassenverlauf abgewichen ist", schrieb der Energieversorger in einer Aussendung und sprach von einer "noch nicht restlos geklärten Ursache" für die Explosion.

Durch die Wucht der Explosion wurde die Fassade des Supermarktes in St. Jodok komplett zerstört.
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Tigas: Modernster Sicherheitsstandard

Das in St. Jodok betriebene Leitungssystem verfüge jedenfalls über höchste und modernste Sicherheitsstandards und werde entsprechend den geltenden Vorschriften laufend gewartet und geprüft, wurde betont: "Ein Zusammenhang mit dem Betrieb des Leitungssystems kann nach den gegebenen Umständen daher ausgeschlossen werden". Die Tigas werde die Gemeinde bei ihren Maßnahmen für alle Betroffenen unterstützen und entsprechende Überbrückungshilfen bereitstellen. Am Dienstagvormittag in St. Jodok eingetroffen ist auch Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), um sich über den Stand der Dinge zu informieren.

Ein Mann soll nach der Explosion noch versucht haben, die 91-jährige Frau aus dem Gebäude zu retten. Sie wohnte oberhalb des Geschäftes und soll bei der Explosion eingeklemmt worden sein. Weil das Gebäude aber bereits in Vollbrand stand, musste der Rettungsversuch abgebrochen werden, sagte ein Sprecher der Polizei. Laut dem Valser Bürgermeister Klaus Ungerank soll es sich bei dem Mann um den Sohn der 91-jährigen Frau handeln. Er betrieb das Geschäft im Erdgeschoß und ist einer der zwölf Verletzten.

Neun von ihnen mussten in die Krankenhäuser gebracht werden, fünf mit Rauchgasvergiftungen ins LKH Hall. Von jenen vier Personen, die in die Innsbrucker Klinik eingeliefert wurden, wurde eine schwer verletzt im Schockraum behandelt, sie befindet sich jedoch laut einem Klinik-Sprecher außer Lebensgefahr.

Drei Fragen an den Bürgermeister

Der Bürgermeister der Gemeinde Vals, Klaus Ungerank, über das Unglück in St. Jodok und das weitere Vorgehen.

1. Wie haben Sie von dem Unglück erfahren? Ich war gerade in der Arbeit in Seefeld, als ich darüber informiert wurde. Da bin ich sofort hergefahren. Der Knall muss gewaltig gewesen sein. Mir wurde erzählt, dass man ihn bis weit in die Täler zurück, bis hinein nach Vals und Schmirn gehört haben soll.

2. Wie werden die Betroffenen und Familien betreut und versorgt? Die Verletzten wurden in die Krankenhäuser eingeliefert. Wir haben für alle Betroffenen der drei Familien bereits Ersatzquartiere organisieren können. Nach derzeitigem Stand haben acht Menschen durch die Explosion ihr Dach über dem Kopf verloren — und wie es derzeit aussieht auch tragischerweise eine 91-jährige Frau das Leben.

3. Wie geht es nun hier weiter? Was passiert mit dem Gebäude? Die Explosion war verheerend. Die Schäden an dem Bauwerk sind derart massiv, dass es nicht zu retten sein wird. Man wird wohl alles abreißen müssen.

Das Interview führte Nikolaus Paumgartten

„Plötzlich habe ich diese riesige Stichflamme gesehen"

Es war Montagvormittag gegen 11.20 Uhr, als eine gewaltige Explosion den Ort in der Gemeinde Vals erschütterte. „Ich habe einen Schutzengel gehabt. Zwei Minuten vorher war ich noch in dem Geschäft", erzählt Christine Eller und schaut ungläubig zum völlig zerstörten Gebäude hinüber. „Als ich mit dem Einkauf fertig war und an dem Geschäft vorbeigehen wollte, hat mich plötzlich ein Arbeiter aufgefordert, auf die andere Straßenseite zu gehen. Wegen eines Gaslecks", erinnert sie sich. „Kurz darauf hat es diesen gewaltigen Knall gegeben."

Die Explosion ließ Fenster bersten, riss Mauern ein und brachte Decken zum Einsturz. Glassplitter und Trümmer wurden Dutzende Meter weit durch die Luft geschleudert und landeten teilweise auf der anderen Seite des Valser Baches auf einer Wiese. Marianne Gatt war eine der Ersten, die am Ort des Unglücks vorbeikamen. „Zuerst war da der ganze Rauch. Und dann plötzlich habe ich diese riesige Stichflamme gesehen", erzählt sie. Kurz darauf wurde Alarm ausgelöst und ein Großeinsatz der Rettungskräfte lief an. (TT.com, np)

In den Trümmern wurde am Nachmittag fieberhaft nach der vermissten Frau gesucht.
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