Burgenland

Ortswechsel einer betagten Dame: „Entführte“ tauchte in Tirol auf

Die Esterházystraße, der Ort der vermeintlichen Entführung.
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Die burgenländische Polizei leitete nach der vermeintlichen Entführung einer 88-Jährigen eine internationale Großfahndung ein. Stunden später tauchte die Frau in Tirol auf. Die Hintergründe waren gestern unklar.

Von Wolfgang Sablatnig

Eisenstadt, Innsbruck – Für die Ermittlungen selbst mache es keinen Unterschied, ob die Familie Ottrubay oder die „Huber-Bäuerin“ betroffen ist, betont Roland Koch von der Staatsanwaltschaft Eisenstadt. „Was den Unterschied macht, ist die mediale Berichterstattung“, sagte er im Gespräch mit der TT. Kein Wunder: Mit den Ottrubays und – indirekt – den Esterházys – stehen zwei bekannte Familien des Burgenlandes im Mittelpunkt einer scheinbaren Entführung, die noch viele Fragen aufwirft. Das macht auch Koch klar: „Wir schließen gar nichts aus und führen das Ermittlungsverfahren wie immer ergebnisoffen. Wir können ein Ermittlungsverfahren nicht einfach damit beenden, dass zwei Personen am Telefon sagen, es war gar nichts.“

Begonnen hat alles am Dienstagnachmittag gegen 15.30 Uhr: Mitten in Eisenstadt halten zwei Autos neben einer betagten Dame und deren Pflegerin. Eine Frau steigt aus, schubst die Pflegerin zur Seite und nimmt die 88-Jährige mit. Die Pflegerin erstattet sofort Anzeige bei der Polizei: Entführungsalarm. Eine internationale Großfahndung bleibt erfolglos.

In den nächsten Stunden sickert durch, um wen es sich beim vermeintlichen Opfer handelt: die Mutter von Stefan Ottrubay, der als Verwalter der Schlösser und Ländereien der Esterházys im Burgenland weithin bekannt ist. Die Polizei bestätigt die Identität vorerst nicht.

Die Entwarnung folgt am späten Abend: Bei der Polizei im Bezirk Kitzbühel meldet sich eine Frau, die angibt, die Tochter der Entführten zu sein. Ihre Mutter sei freiwillig mitgekommen und nun bei ihr. Das vermeintliche Opfer bestätigte diese Angaben.

Die Geschichte ist damit aber nicht zu Ende. Die Staatsanwaltschaft habe nach der Anzeige Ermittlungen gegen unbekannte Täter wegen Freiheitsentziehung sowie Nötigung eingeleitet und diese später auf die Tochter ausgeweitet, berichtete Koch.

Denn die Hintergründe des Ortswechsels der betagten Dame blieben gestern unklar. Medienberichten zufolge hatte Stefan Ottrubay seine Mutter erst vor kurzer Zeit zu sich nach Eisenstadt geholt – gegen den Willen des Rests der Familie? Gestern wollte Ottrubay zu den Vorgängen nicht Stellung nehmen. Über einen Sprecher ließ er ausrichten, dass die Familie darum bitte, die Privatsphäre zu respektieren.

Esterházy und Ottrubay: Millionen aus altem Adel

Paul-Anton Esterházy spricht im Namen seiner Familie und lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „Wir bitten insbesondere auch die Vertreter der Medien, die Familien Ottrubay und Esterházy zu unterscheiden. Wir pflegen gänzlich andere Umgangsformen – besonders mit betagten Damen, die wir gerne in den großen Familienverband integrieren.“

Paul-Anton trägt den Namen Esterházy, anders als Stefan Ottrubay. Dieser führt aber die Geschäfte der Esterházy-Gruppe. Diese betreibt Landwirtschaft und Forst, vor allem aber Kulturbetriebe wie das Schloss Esterházy in Eisenstadt und die Burg Forchtenstein mit 500.000 Besuchern im Jahr. Das Netto-Gesamtvermögen soll 2014 800 Millionen Euro betragen haben.

Ottrubay kam über seine Tante Melinda – die Schwägerin des vermeintlichen Entführungsopfers – in diese Position. Melinda war Universalerbin ihres Mannes, Fürst Paul V. Esterházy, und starb 2014 kinderlos. Sie brachte den Besitz in drei Privatstiftungen ein.

Die Folge waren Auseinandersetzungen zwischen den verbliebenen Esterházys und Ottrubay, die teils auch öffentlich geführt wurden. Stefan Ottrubay führte aber auch eine lange Auseinandersetzung mit dem Land Burgenland, die auch auf dem Rücken renommierter Kulturveranstaltungen ausgetragen und erst im Vorjahr beigelegt wurde. (APA, TT)

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