Klimawandel

Innsbrucke Forscher ermitteln Alter von Gletschereis mit neuer Methode

Die Forscher erprobten am Stubaier Gletscher neue Messmethode.
© Stubaier Gletscher

Forscher aus Innsbruck und Deutschland erprobten eine neue, quantenphysikalische Methode um das Alter von Gletschereis zu bestimmen.

Innsbruck, Wien — Mit einer neuen Messmethode lässt sich das Alter von Gletschereis präzise ermitteln. Der von Forschern aus Deutschland und Österreich im Fachmagazin PNAS demonstrierte Ansatz setzt auf eine aus der Quantenphysik stammende Herangehensweise. Die Wissenschafter wollen damit neue Informationen über die Klimageschichte Europas sammeln.

Gletscher fungieren als Speicher für Informationen über das Klima früherer Zeiten. Um dieses Archiv zu lesen, müssen die Daten allerdings zeitlich genau zugeordnet werden. In einem Pilotprojekt untersuchten Andrea Fischer und Pascal Bohleber vom Institut für interdisziplinäre Gebirgsforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Innsbruck in Kooperation mit den Physikern Markus Oberthaler, Zhongyi Feng und Werner Aeschbach von der Uni Heidelberg Eis vom Schaufelferner in den Stubaier Alpen mit ihrer neuen Ansatz. Dabei ging es darum, prinzipiell herauszufinden, ob sich die in Heidelberg entwickelte sogenannte Atomfallenmethode zur Messung von Argon-39 auch zur Feststellung des Alters von Gletschereis eignet.

Nur wenige Kilo Eis notwendig

Das Isotop Argon-39 zerfällt mit einer Halbwertszeit von 269 Jahren und findet sich nur sehr spärlich im Eis. Pro Kilogramm Eis seien typischerweise nur einige tausend bis zehntausend solcher Atome enthalten. Für eine Altersbestimmung mit bisherigen Methoden über dieses Isotop wären daher mehrere Tonnen Eis notwendig gewesen — was in der Praxis kein gangbarer Weg ist.

Um die wenigen Argon-39-Vertreter zu detektieren, werden diese mit einem Trick aus der Quantenphysik in eine sogenannte Atomfalle gelockt. Die Forscher machen es sich zunutze, dass verschiedene Isotope auf leicht unterschiedliches Laserlicht ansprechen. Im Fall der Pilotstudie wurde das Licht so eingestellt, dass nur das Argon-39 abgebremst und registriert wird und alle anderen Isotope die Atomfalle ungehindert passieren.

„Das Ding funktioniert"

Für die Wissenschafter ist nun klar: „Das Ding funktioniert, es ist technisch machbar", sagte Fischer im Gespräch mit der APA. In Folgeprojekten gehe es darum, den Fehlerbereich auszutesten. Funktionieren sollte die Methode ungefähr 1.000 Jahre in Retrospektive. „Wir kommen hier in ein sehr interessantes Klimazeitfenster hinein, das sehr turbulent abgelaufen ist und das wir jetzt aus der Sicht der glazialen Archive überhaupt nicht erschließen können", so die Gletscherforscherin.

Vor allem über den Ablauf der Kleinen Eiszeit (ungefähr 1250 bis zum Jahr 1850) lasse sich mit dem neuen Ansatz, der eine Datierung kleinerer Eismengen auf wenige Jahrzehnte genau erlaubt, in Zukunft hoffentlich mehr herausfinden. „Im Prinzip wissen wir über diese kleinskaligen Phänomene in den Alpen kaum etwas", sagte Fischer. Aus dem einstigen Zusammenspiel von Klima, Geologie und Ökosystemen lassen sich dann hoffentlich aufgrund „harter Daten" aus dem Gletschereis auch Erkenntnisse über die bevorstehenden Änderungen durch die Klimaerwärmung ableiten, sagte die Glaziologin. (APA)

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