Innenpolitik

„Ratten-Gedicht“ der FPÖ Braunau erzürnt ÖVP und SPÖ

FPÖ-Parteiobmann und Vizekanzler Heinz-Christian Strache.
© Michael Kristen

Zwischen FPÖ und ÖVP rumort es weiter. Nun sorgt ein Gedicht für Wirbel, in dem Ratten und Menschen verglichen und über Migranten hergezogen wird. Verbreitet hat es ausgerechnet die FPÖ Braunau.

Wien, Braunau – Ein ausländerfeindliches Gedicht im Parteiblatt der FPÖ Braunau in Oberösterreich erzürnt nicht nur die SPÖ, sondern auch den Koalitionspartner im Land. Unter dem Titel Vergleiche „Die Stadtratte (Nagetier mit Kanalisationshintergrund)“ werden darin Vergleiche zwischen Menschen und Ratten gezogen. Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) nannte das Gedicht „widerlich“ und forderte eine Distanzierung.

Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) forderte von Oberösterreichs Freiheitlichen eine Distanzierung. „Die getätigte Wortwahl ist abscheulich, menschenverachtend sowie zutiefst rassistisch und hat in Oberösterreich und im ganzen Land nichts verloren“, so Kurz am Montag. „Es braucht sofort und unmissverständlich eine Distanzierung und Klarstellung durch die FPÖ Oberösterreich“, meinte Kurz wörtlich. Dabei stelle er sich auch hinter Oberösterreichs ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer, der „schnell und richtig“ gehandelt habe.

In dem Gedicht wird über Migranten hergezogen sowie über das Bekenntnis zur eigenen Heimat und die „Vermischung“ von Kulturen und Sprachen gereimt. Der Braunauer FPÖ-Stadtrat Hubert Esterbauer, laut Impressum verantwortlich für den Inhalt, zeigte sich gegenüber dem Standard unglücklich mit dem Gedicht. Verfasst worden sei es vom Vizebürgermeister Christian Schilcher (ebenfalls FPÖ), der damit „bestimmte Themen pointiert“ vermitteln wollte.

Verfasser bezieht Stellung

Schilcher selbst nahm am Montagnachmittag ebenfalls Stellung zu seinem viel kritisierten Werk. „Ich wollte mit meinem Text provozieren aber keinesfalls beleidigen oder gar jemanden verletzen“, teilte er in einer Aussendung mit. „Dass der Vergleich von Mensch und Ratte historisch belastet und mehr als unglücklich ist, ist ein Faktum und es tut mir aufrichtig leid, das missachtet zu haben“, so Schilcher weiter. Er habe schlicht aus Sicht eines Tieres, das eine Stadt von unten beobachtet, Veränderungen beschrieben, die er und andere „durchaus zu Recht“ kritisieren würden. Dafür habe er sich selbst und seine Familie in die Perspektive der Tiere gesetzt.

Zugleich bat Schilcher um Verständnis für seine „unscharfe, tatsächlich zu wenig präzis durchdachten Formulierungen“. Er habe nur sagen wollen: „Wer zu uns kommt und sich an unsere Gesetze hält, kann ein Teil von uns werden, wer unsere Gesetze und Gebräuche miss-oder gar verachtet, kann das nicht.“

Landeshauptmann: Gedicht „widerlich“

„Dieses ‚Gedicht‘ ist widerlich“, reagierte Stelzer, der mit der FPÖ auf Landesebene in einer Koalition ist, auf das „Ratten-Gedicht“. „In einem weltoffenen Land wie Oberösterreich haben solche Vergleiche keinen Platz und werden auch nicht toleriert. Ich erwarte mir, dass sich die FPÖ rasch und deutlich von diesem ‚Gedicht‘ distanziert“, meinte er weiter. Auch die oberösterreichische SP-Chefin Birgit Gerstorfer reagierte in einer Aussendung schockiert.

SPÖ-Bundesparteiobfrau Pamela Rendi-Wagner erinnert das Gedicht „fatal an einen sprachlichen Umgang mit Menschengruppen, wie er in der NS-Propaganda üblich war“. Sie nahm gegenüber der APA Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in die Pflicht. Dieser habe erklärt, die FPÖ sei an ihren Taten zu messen. „Will der Kanzler in dieser Sache Glaubwürdigkeit haben, muss er jetzt handeln“, forderte Rendi-Wagner Konsequenzen durch den Kanzler.

Einen sofortigen Rücktritt von FPÖ-Stadtrat Hubert Esterbauer forderte indes Grünen-Bundesrat David Stögmüller. Das Gedicht erinnere in Stil und Inhalt „an das dunkelste Kapitel unserer Geschichte“, schrieb er in einer Aussendung. Zudem verlangte er von ÖVP und SPÖ, „einen klaren Schlussstrich“ unter die Koalitionen mit der FPÖ zu ziehen.

Strache soll rechtsextreme Website geteilt haben

Aufregung hatte es am Osterwochenende auch um ein Facebook-Posting von Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gegeben. Die SPÖ warf ihm vor, in seinem privaten Profil einen Artikel einer rechtsextremen Website gepostet zu haben, Strache wies den Vorwurf „aufs Schärfste zurück“. Zu dem Zeitpunkt, als Strache das Posting veröffentlicht hatte, sei „keine dementsprechende Aussage auf dieser Homepage ersichtlich“ gewesen, hieß es in einer Aussendung.

Indes wurden auch weitere Details zum Verhältnis der Linzer Burschenschaft „Arminia Czernowitz“ zu den Identitären bekannt. Wie die Wiener Zeitung am Montag in ihrer Online-Ausgabe berichtete, hat die Burschenschaft bereits ab 2012 Werbung für die rechtsextreme Identitäre Bewegung auf ihrer Homepage gemacht. Zudem waren Mitglieder der Identitären schon in der alten Bude der Arminia zu Gast.

Die Burschenschaft, der etwa in Linz Vizebürgermeister Markus Hein (FPÖ), Stadtrat Michael Raml sowie mehrere freiheitliche Gemeinderäte angehören, ist aktuell in der „Villa Hagen“ gemeldet. Die Politiker beteuerten zuletzt, nichts von einem weiteren Mieter, den Identitären, gewusst zu haben. Diese betrieben dort ihr „Khevenhüller Zentrum“, bis das Mietverhältnis Anfang April gekündigt wurde.

Doch schon vor ihrer Einmietung in die „Villa Hagen“ sollen laut den Recherchen der „Wiener Zeitung“ die Identitären dort Veranstaltungen abgehalten haben. Das würden inzwischen nicht mehr abrufbare Einträge der Identitären auf deren Website zeigen. (APA)

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