ORF-“Pressestunde“

Rendi-Wagner wirft Kurz unehrliches „Spiel mit der Wahrheit“ vor

Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) erklärte in der ORF-"Pressestunde", dass ihr Ziel trotz der Umfragewerte Platz eins sei.
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Kurz und Rendi-Wagner waren am Sonntag separat zu Gast in der ORF-“Pressestunde“. Die SPÖ-Chefin bezeichnete den Altkanzler als unehrlich, dieser wies die Vorwürfe zurück. Kurz glaubt, dass es für die ÖVP enger wird, als derzeit in den Umfragen prognostiziert.

Wien — Die Parteichefs von SPÖ und ÖVP, Pamela Rendi-Wagner und Sebastian Kurz, waren Sonntagmittag hintereinander in der ORF-"Pressestunde" zu Gast. Rendi-Wagner warf Kurz ein unehrliches „Spiel mit der Wahrheit" vor, dieser wies die Kritik postwendend zurück.

Die rote Spitzenkandidatin bekräftigte ihren Vorwurf, Kurz habe vor einer TV-Konfrontation seinen Sprecher angewiesen, Medien über die Erkrankung von FP-Chef Norbert Hofer zu informieren: „Das war vor meinen Augen." Bei seinem „Pressestunde"-Gespräch konterte Kurz: „Was hätte ich davon gehabt?" Er betonte auch, dass mittlerweile erwiesen sei, dass die Aussage Rendi-Wagners nicht stimme. Als „lächerlich" bezeichnete Kurz die Kritik Rendi-Wagners, wonach er sich nicht entscheiden könne, ob er Wiener oder Niederösterreicher sei: „Ich fühle mich an beiden Orten zu Hause."

Altkanzler Kurz versprach, dass seine Partei die Wahlkampfkosten-Obergrenze von sieben Millionen Euro einhalten werde. Die ÖVP soll ihm zufolge innerhalb von fünf Jahren schuldenfrei sein.
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„Es ist ein professionelles Verhältnis, innig ist es zur Zeit nicht", beschrieb Rendi-Wagner ihre Beziehung zu Kurz. Einer Koalition mit der ÖVP stehe das aber nicht im Wege, denn da brauche es eine „professionelle Herangehensweise": „Da haben persönliche Befindlichkeiten gar nichts zu suchen."

Platz 1 Ziel für Rendi-Wagner

Rendi-Wagner zeigte sich bemüht, trotz der schwachen Umfragewerte Optimismus für das Wahlkampffinale zu verbreiten. „Die einzige Umfrage, die mich interessiert, ist die am Wahltag", verwies sie auf zahlreiche noch unentschlossene Wählerinnen und Wähler. Kein Spitzensportler fahre los, ohne gewinnen zu wollen: „Alle fahren mit dem Ziel Platz 1 und das ist mein Ziel."

Parteichefin will Rendi-Wagner auch bleiben, wenn die SPÖ die Wahl nicht gewinnt. Ihr Ziel sei, die offenbar bereits paktierte Neuauflage der türkis-blauen „Ibiza-Koalition" zu verhindern, betonte sie. Wobei die SP-Chefin eine rot-blaue Koalition ausschloss. Nicht ausschließen wollte sie auf Nachfrage, auch als Zweitplatzierte Kanzlerin zu werden. Sollten die Gespräche in diese Richtung gehen, könne das „eine von vielen Optionen" sein.

Keine Rückabwicklung der Kassenfusion

Inhaltlich forderte Rendi-Wagner eine rasche Steuersenkung, einen steuerfreien Mindestlohn von 1700 Euro und Verbesserungen bei der Arbeitszeitflexibilisierung, etwa einen erleichterten Anspruch auf die sechste Urlaubswoche. Die Fusion der Gebietskrankenkassen würde die SP-Chefin nicht rückabwickeln, denn: „Das 1:1 rückzuführen ist in dieser Form nicht möglich." Aber man müsse „an mehreren Schrauben drehen" — etwa die Leistungen harmonisieren und im Sinne der Selbstverwaltung den Einfluss der Arbeitnehmervertreter stärken. Einzelne Koalitionsbedingungen wollte sie aber nicht formulieren.

Verteidigt hat Rendi-Wagner die Nationalratsbeschlüsse im „freien Spiel der Kräfte", trotz der damit verursachten Mehrkosten. Sowohl die höhere Erhöhung geringer Pensionen als auch die Wiedereinführung der „Hackler-Regelung" sei eine Frage der Gerechtigkeit. Nicht unterstützt wird von ihr die Forderung des früheren SP-Bundesgeschäftsführers Max Lercher nach dem kommunalen Wahlrecht für Ausländer. Das sei verfassungsrechtlich nicht möglich, so die Parteichefin.

Kurz sieht engeres Rennen als in Umfragen

ÖVP-Chef Kurz will sein Partei indes nicht vorzeitig in die Siegerrolle für die Nationalratswahl drängen lassen. „Ich glaube, dass es deutlich enger werden wird", sagte er zu Umfragen, die die Volkspartei mehr als zehn Prozent vor den Verfolgern sehen. Die Wahlkampfgrenze von sieben Millionen wird die ÖVP laut Kurz einhalten. Seine Partei soll innerhalb von fünf Jahren schuldenfrei sein.

In der Koalitionsfrage legte er sich wie üblich nicht fest. Es gebe niemanden in der ÖVP in einer Verantwortungsposition, der dafür sei, die FPÖ per se auszuschließen, sagte der Altkanzler, auch wenn er skandalträchtige Aussagen und Kontakte von Freiheitlichen mit den Identitären „grauslig" finde. Eine Minderheitsregierung schloss Kurz nicht aus, betonte aber, dass das nicht seine Lieblingsvariante wäre. Diese wäre viel mehr eine stabile Koalition mit guter Arbeit für Österreich.

Keine „Waswärewenn-Spiele" um FPÖ

Einmal mehr wies er daraufhin, dass noch nicht klar sei, ob sich in der FPÖ das Lager um Parteichef Norbert Hofer oder jenes um Ex-Innenminister Herbert Kickl durchsetzen werde. Ersterer habe in der Koalition immer Gemeinsames über Trennendes gestellt, bei Kickl sei genau das Gegenteil der Fall gewesen.

Nicht äußern wollte sich Kurz dazu, ob er Kickl in einer Koalition als freiheitlichen Fraktionschef akzeptieren würde. Er mache keine „Waswärewenn-Spiele über Klubobmänner anderer Parteien". Lediglich bei seiner Partei wisse er, dass August Wöginger seinen Posten als Klubchef behalten werde.

Altkanzler schließt Klimastrafen aus

Inhaltlich gab es wenig Neues. Einer CO2-Steuer erteile Kurz eine Absage, setzen will er weiter auf eine Wasserstoff-Offensive als Teil eines Maßnahmen-Mix. Ausgeschlossen wurde vom früheren Regierungschef, dass Österreich wie befürchtet hohe Bußen wegen Verfehlung der Klimaziele wird leisten müssen: „Die Strafen werden definitiv nicht fällig werden." In Sachen Bundesheer sicherte Kurz zu, dass das Budget vor allem für Geräte-Anschaffung und Stärkung der Miliz steigen werde, das Ziel von einem Prozent des BIP werde aber nicht sofort zu erreichen sein und eine Verlängerung des Präsenzdiensts lehnte er ebenfalls ab. In der Zuwanderungspolitik sprach sich der VP-Chef dafür aus, die kulturelle Identität, die Österreich ausmache, hochzuhalten und auch wehrhaft gegen negative Einflüsse aufzutreten. (TT.com, APA)

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