Landtagswahl

Endergebnis in Vorarlberg: FPÖ stürzt ab, Schwarz-Grün jubelt

Die Absolute hat die VP von Landeshauptmann Markus Wallner weit verfehlt, trotzdem sind sie großer Wahlsieger. Die FPÖ mit Spitzenkandidat Christof Bitschi streicht ein Debakel ein.
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Vorarlberg hat gewählt. Laut dem vorläufigen Endergebnis verdrängen die Grünen die FPÖ von Platz zwei. ÖVP, SPÖ und NEOS können leichte Zugewinne verzeichnen.

Bregenz — Die Landtagswahl in Vorarlberg hat einen FPÖ-Absturz auf Platz drei hinter die Grünen und den klaren ersten Platz für die ÖVP gebracht. Laut dem vorläufigen Endergebnis kommt die Volkspartei auf 43,6 Prozent der Stimmen, ein Plus von 1,8 Prozentpunkten. Leichte Zugewinne brachte die Wahl für SPÖ und NEOS, die auf den Plätzen vier und fünf landeten.

Noch nicht enthalten sind im vorläufigen Endergebnis die rund 1.800 noch nicht ausgezählten Briefwahlstimmen und die in fremden Wahlkreisen abgegebenen Wahlkarten. Diese werden am Dienstag nach der Wahl ausgezählt, dürften das Ergebnis aber nur mehr minimal verändern.

Laut dem vorläufigen Endergebnis vom Wahlsonntag erreichten die Grünen 18,8 Prozent und Platz zwei hinter der ÖVP - ein Plus von 1,6 Prozentpunkten gegenüber 2014. Inklusives der ausständigen Wahlkarten dürften die Grünen laut SORA/ORF-Prognose auf 18,9 Prozent kommen (plus 1,7 gegenüber 2014). Die Wahlkarten werden auch das Ergebnis der ÖVP noch geringfügig ändern, laut der Schätzung auf 43,5 Prozent, was ein Plus von 1,7 Prozentpunkten ergeben wird.

FPÖ-Wähler blieben daheim oder gingen zur ÖVP

Die FPÖ mussten einen Absturz von 23,4 auf 14,0 Prozent hinnehmen. Das Minus von 9,5 Prozentpunkten brachte ein Abrutschen hinter die Grünen auf Platz drei. Inklusive der restlichen Wahlkarten werden die Freiheitlichen laut SORA/ORF bei 13,9 Prozent zu liegen kommen.

Rund 17.000 Vorarlberger weniger wählten damit heuer die FPÖ. Der größte Teil dieser 2014er-Wähler - nämlich 10.000 - blieb zu Hause, 7.000 kreuzten heuer die ÖVP an, ergab die Wählerstromanalyse von SORA für den ORF.

FPÖ-Spitzenkandidat Christof Bitschi sieht das schwache Abschneiden der Freiheitlichen dem Bundestrend geschuldet.
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Ein wenig erstaunlich ist - angesichts des laut Wahlkartenprognose Netto-Zugewinns von rund 500 Stimmen - die drittgrößte ausgewiesene Wählerbewegung: Laut SORA blieben nämlich 6.000 ÖVP-Wähler des Jahres 2014 heuer den Urnen fern. In Summe bleibt die Stimmenzahl der ÖVP ziemlich gleich. Angesichts der geringeren Wahlbeteiligung bedeutet das aber einen Zuwachs im Stimmenanteil.

In den Bezirken Bregenz, Dornbirn und Feldkirch büßten die Freiheitlichen jeweils ein Grundmandat ein. Die Grünen und die SPÖ kamen hingegen auf dieselben Grundmandate wie vor fünf Jahren, während NEOS eine Premiere feiern durften: Sie machten ihre ersten Grundmandate bei einer Vorarlberger Landtagswahl überhaupt, nämlich in den Bezirken Bregenz und Feldkirch (schwach abgesichert).

Von den acht Restmandaten entfiel wie vor fünf Jahren eines auf die ÖVP, zwei eroberten die Grünen (plus eins) und gleich drei die SPÖ (plus eins). FPÖ und NEOS büßten jeweils ein Restmandat ein.

Leichte Zuwächse für SPÖ und NEOS

Wie ÖVP und Grüne dürfen sich auch SPÖ und NEOS über Zuwächse freuen, wenn auch auf niedrigerem Niveau. Die SPÖ legt laut vorläufigem Ergebnis um 0,7 Prozentpunkte auf 9,5 Prozent zu und verfehlt damit das Ziel der Zweistelligkeit. Auch inklusive der Wahlkarten wird diese Hürde wohl nicht übersprungen, wie die SORA-Prognose (ebenfalls 9,5 Prozent) nahelegt.

Johannes Rauch (Grüne) überholte bei seiner letzten Landtagswahl die FPÖ.
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Die NEOS schafften mit 8,5 Prozent souverän den Wiedereinzug in den Landtag. Gegenüber 2014 bedeutete das Ergebnis ein Plus von 1,6 Prozentpunkte. Die Wahlkarten dürften für die NEOS nichts mehr verändern.

Nicht gerade überragend war am Sonntag die Wahlbeteiligung, sie lag bei rund 61 Prozent.

Kein Festlegen auf weitere schwarz-grüne Zusammenarbeit

Die Bestätigung der amtierenden schwarz-grünen Koalition hat möglicherweise auch ein Signal an den Bund ausgesandt. Freilich wollten sich die Wahlsieger Markus Wallner (ÖVP) und Johannes Rauch (Grüne) nicht einmal im Land offiziell auf eine Fortsetzung ihrer Zusammenarbeit festlegen. Die Zeichen weisen aber in diese Richtung.

Insgesamt brachte der Wahlsonntag gleich vier Gewinner und nur die FPÖ als Verliererin, die erwischte es aber ordentlich. Die Ibiza-gebeutelten Freiheitlichen fielen mit nicht einmal 14 Prozent klar hinter die Grünen zurück, die fast an die 20 Prozent herankamen und damit erstmals bei einer Landtagswahl auf Platz zwei kamen und auch ihr historisch bestes Ergebnis einfuhren.

Freilich fehlt da weiter einiges auf den schwarzen Platzhirschen im Ländle. Zwar hätte sich die ÖVP vielleicht noch mehr erwartet, doch durfte Landeshauptmann Wallner immerhin über ein Plus von zwei Punkten jubeln und sich "rundum zufrieden" zu zeigen. VP-Chef Sebastian Kurz nannte das Ergebnis gar "großartig". Die knapp 44 Prozent der Volkspartei ermöglichen ihr mit allen anderen Parteien eine Mehrheit, wobei Wallner versicherte, dass man bei der Regierungsbildung schneller als im Bund sein werde.

Wallner hat die freie Wahl

Erster Ansprechpartner ist vermutlich der bisherige Partner, die Grünen, deren Bundessprecher Werner Kogler das Ergebnis prompt als Auftrag zur Verlängerung der Grünen Arbeit in der Landesregierung interpretierte. Landesrat und Spitzenkandidat Johannes Rauch freute sich am Sonntag zu allererst, dass Sacharbeit offenkundig doch noch etwas zähle. Die Fortsetzung von Schwarz-Grün ist für ihn jedoch noch nicht gegessen. Die Wahrscheinlichkeit dafür sei aber jedenfalls höher als im Bund.

Ebenfalls Interesse an Regierungsbeteiligung hätten SPÖ und NEOS und beide können sich über einen kleinen Zugewinn freuen, wobei der für die NEOS mehr Wert hat, holten sie doch mit 8,5 Prozent ein drittes Mandat und verfügen damit über Klubstatus. Bisher hatten sie nicht einmal Büros im Landhaus. Dementsprechend zeigte sich Spitzenkandidatin Sabine Scheffknecht auch "sehr zufrieden", wiewohl man bei den NEOS, die vor zwei Wochen bei der Nationalratswahl in Vorarlberg zweistellig waren, etwas mehr erwartet haben dürfte. Dennoch sprach Bundesparteichefin Beate Meinl-Reisinger von einem sensationellen Erfolg.

Trendwende für SPÖ?

Als "historische Trendwende" empfindet es SPÖ-Spitzenkandidat Martin Staudinger, dass seine Partei erstmals seit 2004 wieder im Bundesland zulegt und möglicherweise sogar ein viertes Mandat ergattert. Die Zweistelligkeit wurde jedoch knapp verpasst. Staudinger verwies darauf, dass er bisher nicht einmal im Landtag gewesen sei. Der Weg beginne erst jetzt so richtig. Weniger freuen wird ihn wohl, dass die erfolgsverwöhnte burgenländische Landespartei das Ergebnis der Ländle-Roten als "schmerzhaft" empfand. Bundesvorsitzende Pamela Rendi-Wagner sah immerhin den Abwärtstrend gestoppt.

Im November folgt die Steiermark

Wien —Nach der Wahl ist vor der Wahl: Bereits am 24. November findet die nächste Landtagswahl statt. Mit der Steiermark ist dann eines der größeren Bundesländer an der Reihe, mit entsprechender Signalwirkung an die Bundesparteien und die Koalitionsverhandlungen. Im stehen mit dem Burgenland und Wien zwei von der SPÖ geführte Koalitionen auf dem Prüfstand, eine mit der FPÖ und eine mit den Grünen.

Offen ist, wie weit sich ÖVP-Bundesobmann Sebastian Kurz schon vor der Steiermark-Wahl auf einen künftigen Partner für die Bundesregierung festlegen wird. Ebenso offen ist, wie sich diese Wahl auf die internen Klärungen bei SPÖ und FPÖ auswirken wird. Beide musstenbei der Nationalratwahl Niederlagen hinnehmen.

Die Steiermark war bei den vergangenen Wahlen unterschiedlich eingefärbt. Bei der Landtagswahl 2015 lag die SPÖ knapp, aber doch voran. Dennoch überließ der frühere Landeshauptmann Franz Voves seinem schwarzen „Reformpartner" Hermann Schützenhöfer den Chefsessel in der Landesregierung.

Mit Voves' Nachfolger Michael Schickhofer war das gute Vertrauensverhältnis in der Grazer Burg Geschichte. Bei der Nationalratswahl am 29. September lag dann die ÖVP mit Respektabstand voran. Die FPÖ, die in der Steiermark traditionell stark war, erreichten nur mehr Platz drei.

Am 26. Jänner wird es dann in erster Linie für die SPÖ interessant. Hans Peter Doskozil ist dort als Landeshauptmann in die von seinem Vorgänger Hans Niessl gezimmerte Koalition mit den Freiheitlichen eingestiegen. Er war wieder holt als Kritiker der Parteiführung und der Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner aufgefallen und gilt als möglicher Nachfolger der angeschlagenen Parteichefin.

Doskozil lehnt einen Wechsel nach Wien aber genauso ab wie eine Regierungsbeteiligung der SPÖ als Juniorpartner der ÖVP. Vorerst muss er nach einer Stimmbandoperation aber gesundheitlich wieder auf die Beine kommen.

Ebenfalls 2020 wählt Wien. Bürgermeister Michael Ludwig steht hier an der Spitze einer rot-grünen Koalition. Auch für ihn war die Nationalratswahl aber ein Warnsignal: Die in der Bundeshauptstadt traditionell schwache ÖVP kam der SPÖ bis auf 2,5 Prozentpunkte nahe. (sabl)

Debakel für FPÖ in ehemaliger Hochburg

Bitter war der Tag für die FPÖ. Spitzenkandidat Chris­tof Bitschi darf sich zumindest in seiner Heimatgemeinde Brand über ein Plus von 1,7 Prozentpunkten freuen. Insgesamt brachte die Wahl für die Freiheitlichen aber ein verheerendes Ergebnis: Als einzige im Landtag vertretene Partei mussten sie ein Minus hinnehmen, hinter den Grünen reichte es nur noch für Platz drei, von neun Sitzen im Landtag gingen vier verloren.

Bitschi macht für das Ergebnis die Situation der FPÖ im Bund verantwortlich. An persönliche Konsequenzen denkt er nicht. Auch FPÖ-Bundeschef Norbert Hofer setzt weiter auf Bitschi. Dieser solle auch im bundesweiten Erneuerungsprozess der FPÖ eine wichtige Rolle spielen.

Die anderen Parteien schickten Gratulationen in den Westen. ÖVP-Obmann Sebastian Kurz spricht von einem „großartigen Ergebnis". SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sieht den Abwärtstrend der Vorarlberger Roten gestoppt, Grünen-Bundessprecher Werner Kogler den Aufwärtstrend seiner Partei „eindrucksvoll fortgesetzt". Für die NEOS jubelt Beate Meinl-Reisinger über einen „sensationellen Erfolg".

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sieht mit dem Ergebnis die Westachse der ÖVP gestärkt. Diese werde weiterhin für die Interessen ihrer Länder auftreten. Für die grüne Landes­chefin Ingrid Felipe haben die Vorarlberger Wähler der „türkis-blauen Kürzungs- und Skandalpolitik" eine Absage erteilt. FPÖ-Landesobmann Markus Abwerzger macht für das schwache Abschneiden seiner Partei den „negativen Bundestrend" verantwortlich. Georg Dornauer (SPÖ) und Dominik Oberhofer (NEOS) hätten ihren Parteifreunden ein besseres Ergebnis gewünscht. (APA, TT.com, sabl)

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