Tag 121

Grasser-Prozess: Konten Karin, Natalie und 400.815 im Fokus

Der Angeklagte Karl Heinz Grasser (l.) und Anwalt Norbert Wess.
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Der erneut als Zeuge einvernommene ehemalige Bankberater in Liechtenstein hat in der Befragung teilweise eine andere Version der Ereignisse abgegeben als die Angeklagten.

Wien – Der im Grasser-Prozess seit gestern als Zeuge einvernommene ehemalige Bankberater in Liechtenstein, Christoph W., hat heute in der Befragung durch Richterin Marion Hohenecker teilweise eine andere Version der Ereignisse abgegeben als die Angeklagten. Offene Widersprüche gab es am 121. Verhandlungstag zu den Aussagen von Peter Hochegger und Walter Meischberger.

W. hatte Meischberger beraten, wie er Gelder diskret von Zypern nach Liechtenstein transferieren könne. Dafür empfahl er ihm die im US-Bundesstaat Delaware ansässige Omega-Gesellschaft, die ein Konto bei der Hypo Investment Bank Liechtenstein eröffnete, in der W. als Berater arbeitete. Von der zypriotischen Astropolis-Gesellschaft von Peter Hochegger, eine „Briefkasten-Gesellschaft“, wurden Überweisungen an die ebenfalls als Briefkasten agierende Omega getätigt. In der HIB wurde das Geld von einem Treuhänder der Omega in bar abgehoben und von W. in bar auf drei Konten eingezahlt: Das Konto Natalie, das Meischberger gehörte, das Konto 400.815, das ebenfalls ihm gehörte, aber das die Anklage wirtschaftlich dem Hauptangeklagten Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser zuordnet, und das Konto Karin, das laut Kontounterlagen dem mitangeklagten Makler und Ex-Buwog-Aufsichtsrat Ernst Plech gehörte.

Meischberger behauptet seit seiner Selbstanzeige, dass alle drei Konten ihm gehörten, also auch das Konto Karin. Ihm gegenüber habe Meischberger aber in der jahrelangen Geschäftsbeziehung dies nie erwähnt, so der Bankberater im Zeugenstand. W. hatte selber das Konto Karin eröffnet und Plech als Berechtigten eingetragen, dieser hatte unterschrieben und Plechs Ehefrau und sein Sohn wurden ebenfalls angeführt - Meischberger nicht.

W. sagte heute aus, er habe erstmals im Herbst 2009 von Meischberger erfahren, dass in Wahrheit die Millionen aus Zypern nicht aus Immobiliengeschäften in Osteuropa, sondern aus einer Provision bei der Bundeswohnungs-Privatisierung 2004 stammten. Meischberger habe ihm dann auch gesagt, dass das Karin-Konto mit dem darauf liegenden Geld immer schon ihm gehörte. Dies brachte Meischberger dann auch bei einer Besprechung in der HIB Anfang Oktober vor, woraufhin die Bank die Angaben änderte. Damit stehen die Angaben von W. im Widerspruch zu jenen des Zweitangeklagten Meischberger.

Der Zeuge widersprach heute auch erneut dem Angeklagten Peter Hochegger, der aus gesundheitlichen Gründen seit gestern bei der Verhandlung entschuldigt pausiert. Hochegger hatte ausgesagt, W. habe ihm bei der Vorbereitung der Transaktionen von der Astropolis zur Omega einen Zettel gezeigt, wo die drei Konten, auf die das Geld in Liechtenstein fließen sollte, vermerkt waren: Eines gehöre Meischberger, eines Plech und eines Grasser. Der Zeuge dementierte dies entschieden: Er habe Hochegger zwar schon im Herbst 2005 in Wien getroffen, aber er habe ihm dabei sicher keinen Zettel mit Konten gezeigt oder vom Ziel des Geldes gesprochen. Denn das gehe Hochegger ja gar nichts an, und außerdem hätten die Konten damals noch nicht alle bestanden, so der Zeuge.

Meischberger instruierte W. für Einvernahme

Wenig erfreut zeigte sich der Zeuge über einige im Gerichtssaal abgespielte Telefongespräche, bei denen er von Ermittlern abgehört wurde. In einem Telefonat vom Februar 2010 erzählte ihm Meischberger über seine eigene Vernehmung und instruiert dann W., was er bei seiner Einvernahme sagen soll. Er habe mit W. damals gesprochen, damit die Glaubwürdigkeit der Aussagen erhöht werde, rechtfertigte sich Meischberger heute: „Ich habe ja die Wahrheit gesagt“.

Bei den Beratungen bei Meischbergers - nun mitangeklagtem - Anwalt nahm auch W. mehrere Male teil. Dabei habe er einmal auch Grasser getroffen, aber dessen Anwesenheit nicht hinterfragt, sagte W. heute aus. Schließlich seien damals ja schon Vorwürfe gegen Grasser erhoben worden, er habe „kassiert“. Meischberger habe ihm versichert, dass Grasser nichts kassiert habe.

Der Bankberater schilderte auch ein - eher ungewöhnliches - Geschäft mit Meischberger: Dieser habe im Herbst 2009 bei einem Besuch in Liechtenstein 200.000 Euro in bar von seinem Konto bezogen. Dafür habe Meischberger das Geld aus Liechtenstein bar nach Vorarlberg gebracht, wo es W. zu Hause in seinem Tresor lagerte. Mit dem Zug habe er ihm das Geld dann nach Wien gebracht. „Wieso hat es Meischberger nicht mit dem Flugzeug mitgenommen?“ hakte die Richterin nach. Der Flieger ging von Altenrhein in der Schweiz weg, da wäre Meischberger womöglich noch wegen Geldwäsche belangt worden, so der Zeuge.

Morgen, Donnerstag, steht der Zeuge W. den dritten Tag in Folge im Zeugenstand. Richterin Hohenecker ist mit ihren Fragen heute fertig geworden, morgen können sich Schöffen, Staatsanwälte, Privatbeteiligtenvertreter und Verteidiger an den Zeugen wenden. Und natürlich Hohenecker erneut, wenn neue Fragen für sie auftauchen. Nächste Woche sind dann weitere drei Verhandlungstage mit den nächsten Zeugen angesetzt. (APA)

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