Bezirk Reutte

Umfahrung Garmisch: Drei Außerferner Gemeinden setzen sich zur Wehr

BM Paul Mascher (stehend) fungierte auch als Diskussionsleiter bei der teils sehr emotionalen Debatte im Gemeindesaal Biberwier.
© Nikolussi

Die Umfahrung Garmisch soll bis Ende 2024 fertig sein. Die Angst, dann vom Verkehr überrollt zu werden, ist groß. Dies wurde bei einer öffentlichen Versammlung der Orte Biberwier, Ehrwald und Lermoos deutlich.

Von Hans Nikolussi

Biberwier –Straßenbaupläne und konkrete Maßnahmen im Raum Garmisch-Partenkirchen treiben den Gemeindeverantwortlichen im Zugspitztalkessel Schweißtropfen auf die Stirn. Man fürchtet, nach der Fertigstellung einer Reihe von Tunnelröhren mit einer neuen Verbindung in den Süden konfrontiert zu werden. Der Autobahnverkehr aus dem Norden und dem Großraum München könnte sich ungehindert ins Loisachtal ergießen und damit zu einer gewaltigen Belastung der Bevölkerung unter Wetterstein, Grubig und Sonnenspitze führen, wird befürchtet.

Die „Erbschaft Verkehr“ hat die Gemeindeführungen von Biberwier, Ehrwald und Lermoos veranlasst, genau unter diesem Titel zu einer öffentlichen Versammlung zu laden. Im bis auf den letzten Platz gefüllten Mehrzwecksaal in Biberwier entspannen sich dann Diskussionen, die am Ende von Bürgermeister Paul Mascher aus Biberwier und einem Bürger aus Ehrwald durchaus emotional geführt wurden.

Erstmals hatten sich alle drei Talkesselgemeinden zu einem gemeinsamen Schritt entschlossen. Das wurde vom Publikum im Saal positiv aufgenommen. Beschlüsse aller drei Kommunalparlamente, gemeinsam gegen den drohenden Verkehrsinfarkt anzukämpfen, unterstreichen das Bemühen, Bewegung in die Angelegenheit zu bringen. Man müsse Sorge dafür tragen, dass schon in absehbarer Zeit Maßnahmen gesetzt würden, um weiterhin im herrlichen Gebiet leben zu können, war eine Forderung. Welche Maßnahmen das konkret sein sollten, konnte aber nicht benannt werden. Vorschläge allerdings gab es genug. Von der Verbesserung des öffentlichen Verkehrs über die Errichtung von Dosier-Ampeln bis hin zur Einhebung einer Maut waren die Anregungen.

Bürgermeister Martin Hohenegg aus Ehrwald ortet über der Grenze in Bayern eine „Mia-san-mia-Mentalität“, der eine offenbar ohnmächtige Landesregierung gegenüberstehe. „Mit uns hat man ganz einfach nicht gesprochen, man will uns vor vollendete Tatsachen stellen“, meinte er.

Betretene Gesichter bei BM Martin Hohenegg (Ehrwald), BM Paul Mascher (Biberwier) und Vize-BM Thomas Koch aus Lermoos (v. l.).
© Nikolussi

In Lermoos sei man nach Verkehrszählungen wieder beim selben Stand wie vor der Inbetriebnahme des Tunnels, wusste Vizebürgermeister Thomas Koch zu berichten. Daher herrscht bei den Lermoosern, wie es Gemeindevorstand Fritz Mitterbauer formulierte, dringender Handlungsbedarf. Von Seiten der Gemeinde sei man daran, mit der Entschärfung neuralgischer Punkte etwas zur Sicherheit beizutragen. Ein Lkw-Fahrverbot während der Tunnelsperren müsse unbedingt kommen, da während dieser Wochen in Lermoos das reinste Chaos herrsche. Die angedachten Millionen für den Bau des Scheiteltunnels am Fernpass hätte er lieber in eine Nordumfahrung von Lermoos investiert gesehen. Gebot der Stunde sei es, die heimische Bevölkerung zu schützen und nicht dem Durchzugsverkehr noch mehr Attraktivität zu verleihen. Diese Ansicht dürfte auch die Mehrheit im Talkessel vertreten.

„Wenn im Zugspitzkessel mit 4200 Einwohnern mehr als 2500 Pkw zugelassen sind, existiert auch ein hausgemachtes Problem“, meinte Bürgermeister Paul Mascher aus Biberwier. Daher dürften auch Änderungen im persönlichen Verhalten kein Tabu mehr sein. „Fahrten auf das Notwendigste einzuschränken, ist ein Gebot der Stunde“, appellierte er an die Bevölkerung. In seiner Begrüßung hatte er bedauert, dass sich die hohe Politik in Innsbruck anscheinend nicht für das Problem interessiere und daher der Veranstaltung ferngeblieben sei.

Eine für alle Anwesenden notwendige Nordumfahrung von Lermoos, um den 2024 zu erwartenden Verkehr aus dem Loisachtal wenigstens einigermaßen bewältigen zu können, sei so rasch als möglich zu planen. Hierzu ein etwas obskurer Vorschlag aus dem Publikum: die Bahntrasse vom Ehrwalder Viadukt bis Gries in Lermoos zur Straße auszubauen, einzuhausen und sozusagen auf dem Dach die Eisenbahn zu führen.

Beklatscht von Publikum formulierte der Bichlbacher Albert Linser die Situation: „Zwischentoren hieß früher zwischen den Toren. Bald wird es heißen, zwischen den Autobahnen. Ohne Barriere Fernpass werden wir unter die Räder kommen.“

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