Wintersport

Gams oder gar nicht: Sportklassiker punkten in Tirol mit Qualität

90.000 im Rahmen der Abfahrt, gut 240.000 am Wochenende: die Hahnenkammrennen (25.–27.1.) sind auch in dieser Saison wieder DER Zuschauer-Magnet.
© KSC

Ein Jahr ohne Hahnenkamm-Gams oder Bergiselspringen? Nicht vorstellbar. Und ebenso unvorstellbar ist, dass ein Tiroler Klassiker ohne seine Heerschar an Freiwilligen stattfindet.

Von Florian Madl

Innsbruck — Nicht nur die heimische Tourismuswerbung rühmt sich der Tradition, auch die Sportklassiker punkten damit. Seit 1927 findet das Bergiselspringen statt, seit 1952 im Rahmen der Tournee. Seit 1986 wird in Hochfilzen nicht nur zu militärischen Zwecken geschossen, sondern auch zu sportlichen (Biathlon-Weltcup). Und die Hahnenkammrennen? Premiere 1931, Weltcup ab dem Jahr 1967. „Tradition, gepaart mit hochwertigem Wettkampf, das macht es aus", bestätigt Vermarkter Harti Weirather (siehe Interview unten). Das verbucht auch Lienz für sich, das heuer mit den Damen-Alpinrennen am Hochstein (28./29.12.) sein 50-Jahr-Jubiläum feiert. Aber Tradition hat dort auch das Ehrenamt: „Ohne Freiwillige wäre das alles nicht möglich", bestätigt der Lienzer OK-Chef Werner Frömel, der 250 Heinzelmännchen in seinem Team weiß.

210 sind es beim Bergiselspringen, das OK-Chef Alfons Schranz mit deren Hilfe reibungslos über die Bühne bringt. „Ein Baustein der Veranstaltung", bestätigt der Innsbrucker. Und auch Franz Berger, Kopf des Organisationsteams beim Biathlon-Weltcup in Hochfilzen (ab Freitag), applaudiert den eifrigen Mitgliedern des Heeressportvereins: „Da legt sich jeder ins Zeug!" Seit 40 Jahren ist der langjährige Renndirektor des Internationalen Verbands in Sachen Biathlon unterwegs, sein eingespieltes Team (250 Freiwillige) erleichtert ihm die Abläufe. Der 63-Jährige heißt ab morgen die Nationalteams willkommen, 30.000 Zuschauer sollen im Rahmen des Weltcup-Wochenendes den Weg ins Pillerseetal finden.

Seefeld, der WM-Schauplatz, lädt alljährlich zum Kombi-Weltcup (31.1.–2.2.).
© gepa

160 Freiwillige zählt das Seefelder Organisationsteam, Werner Frießer kann sich bei seinem Nordic Combined Triple (31.1.—2.2.2020) auf eine eingespielte Mannschaft verlassen. Und eine Depression nach der WM 2019 am Plateau scheint nicht vorstellbar: „Wir hoffen auf 15.000 bis 20.000 Zuschauer." Eine Zahl, die in Kitzbühel lediglich auf den Super-G am Hahnenkamm-Freitag zutrifft ...

Doch nicht nur Weltcup-Veranstaltungen haben in Tirol Tradition, auch solche im Breitensportbereich: Der Koasalauf (7.—9.2.) rund um St. Johann lockt 2000 Langläufer aus 20 Nationen an — und das heuer bereits zum 48. Mal (knapp 300 Freiwillige). Das Osttiroler Pendant, der Dolomitenlauf (16.—19.1.2020) rund um Obertilliach, ist seit 1971 ein Inventar des Kalenders. Nicht zu vergessen: Der heuer zum mittlerweile 50. Mal stattfindende Ganghoferlauf durchs Leutaschtal (29.2.—1.3.2020).

Zu diesen Fixsternen gesellen sich heuer die Winter World Masters Games (10.—19.1.2020), in deren Rahmen 3000 Altersklassensportler (ab 30 Jahren) nach Tirol kommen. Unvorstellbar, dass die Veranstaltung ohne ihre 700 freiwilligen Helfer auskommt ...

6 Fragen an Harti Weirather

„Tradition, Kampf machen es aus"

Harti Weirather (61), Abfahrtsweltmeister 1982 und im gleichen Jahr Sieger auf der Streif, sorgt sich nicht um die Zukunft der Traditionsevents. Klassiker wie die von ihm betreuten Hahnenkammrennen haben nichts von ihrer Anziehungskraft verloren.

1.) Ist Ihnen um die Attraktivität von großen Wintersportveranstaltungen bange?

Weirather: Keineswegs. Man sieht, dass Klassiker wie die Vierschanzentournee, die Hahnenkammrennen oder Schladming (Night Race, Anm.) immer ziehen.

2.) Was liegt dem ungebrochenen Zulauf zugrunde?

Weirather: Tradition, gepaart mit hochwertigem sportlichen Wettkampf, das macht es aus.

3.) Im Rahmen dieser Veranstaltungen nimmt das Rahmenprogramm, der VIP-Auflauf, eine immer größere Bedeutung ein. Beunruhigt Sie diese Entwicklung?

Weirather: Ohne Sport gibt es das Rundherum nicht, das entwickelt sich eben im Lauf der Zeit. Und das verstärkt die Veranstaltung höchstens.

4.) Wie bewertet ein Vermarkter, der früher selbst Skirennläufer war, so eine Veranstaltung? Haben Sie den Ablauf eines Rennens im Auge oder kommt der Ex-Weltmeister in Ihnen durch?

Weirather: Wer früher selbst die Streif runtergefahren ist, kennt die Tücken und weiß, wie gefährlich das sein kann. Es ist ein Ritt auf Messers Schneide.

5.) Überstehen Veranstaltungen von der Dimension der Hahnenkammrennen witterungsbedingte Ausfälle?

Weirather: Das wird immer wieder passieren und kann einem Klassiker wenig anhaben, wenn es nicht dauernd vorkommt. Wir sprechen von Freiluft-Veranstaltungen, da lässt sich keine Garantie abgeben.

6.) Anders gefragt: Kitzbühel liegt auf knapp 800 Meter Seehöhe. Beunruhigt es Sie, wenn vom Klimawandel gesprochen wird?

Weirather: Natürlich macht man sich darüber Gedanken, wie es weitergeht. Aber wir hatten auch früher schneearme Winter, in denen noch kein Kunstschnee produziert werden konnte. Und es ging doch weiter.

Das Interview führte Florian Madl

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