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„Lebensentscheidung“: Hirscher-Zukunft fällt aus dem Bauch heraus

Marcel Hirscher räumte auch in der Saison 2018/19 groß ab.
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Ski-Superstar Marcel Hirscher ist nach der abgelaufenen Weltcup-Saison “sehr müde“, will jetzt erstmal regenerieren und dann eine Entscheidung treffen.

Wien - Ski-Star Marcel Hirscher bekräftigte am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Wien sein Vorhaben, zeitnah eine Entscheidung über die Fortsetzung oder das Ende seiner Karriere zu treffen. "Ich möchte mir nicht all zu viel Zeit geben, aber mehr als 48 Stunden wären toll", sagte der Salzburger, der erst am Sonntag in Soldeu die Weltcupsaison mit dem achten Gewinn der großen Kristallkugel beendet hat.

Es gebe eine Tendenz von "49:51", aber er wolle nicht sagen, in welche Richtung, meinte der 30-Jährige. Er benötige einige Tage Pause, die Zeit nach der WM in Aare habe ihm viel Kraft gekostet. "Ich bin heuer sehr, sehr müde, ich glaube, das hat man beim Saisonfinale sehr gut gesehen. Ich will schauen, wie die Regeneration fortschreitet. Ich bin jetzt zehn Jahre im Weltcup-Zirkus dabei, dass man da früher oder später mal Federn lässt, ist ganz klar", sagte er auf dem Termin seines Kopfsponsors Raiffeisen.

Er werde schauen, ob es körperlich und mental nochmals möglich sei, so eine Saison zu ziehen. Denn wenn, wolle er um die große Kugel fahren, das sei das Ziel, dafür brauche es hundert Prozent. "Man fährt nicht nur Rennen, man fährt um Kugeln, man fährt um eine Gesamtwertung. Es ist ein erheblicher Unterschied, ob man sich für den Einzelwettkampf vorbereitet oder das gesamte große Projekt."

Er sei ein Gefühlsmensch, diese "Lebensentscheidung" werde er auf sich zukommen lassen und gemeinsam mit der Familie treffen. Hirscher ist seit vergangenem Jahr verheiratet und Vater eines Sohnes. Er werde viele Gespräche führen, es werde eine Bauchentscheidung werden, er werde aber keine Plus-Minus-Statistik aufstellen.

Die Frage nach dem Aufhören, wenn es am schönsten ist, habe er sich schon oft stellen dürfen: "Glücklicherweise bin ich diesem Leitfaden nie nachgegangen, sonst hätte ich 2012 in Schladming aufgehört." Er holte damals seinen ersten Gesamtweltcup, mittlerweile kamen sieben weitere in Folge dazu, sowie je sechs kleine Kristallkugeln in Slalom und Riesentorlauf, er hält bei 67 Weltcupsiegen.

Die Rennen in Andorra seien auch eine Gelegenheit gewesen, zu sehen, dass "es ist nicht selbstverständlich sei, dass in jedem Rennen abgeliefert werden kann", es sei verrückt, wie schnell es sich drehen könne und man im Slalom letzte Laufzeit habe (gesamt Slalom-14.).

Keine Erklärung für Leistung am Saisonfinale

"Eine ganz neue Seite, die ich bis jetzt noch nicht kenne. So schlecht war ich noch nie. Das ist erstaunlich und schon fast erschreckend. Die wirkliche Erklärung habe ich nicht, aber das sollte meine Entscheidung für die Zukunft nicht maßgeblich beeinflussen", sagte Hirscher. So wie er früher lernen musste, sich mit dem Sieg auseinanderzusetzen, müsse er sich jetzt der Enttäuschung und Niederlage genauso stellen.

Sollten die Grundparameter stimmen und er sich mental und körperlich in der Lage sehen, weiterzumachen, dann würde viel Arbeit auf ihn warten. "Das ist auf der anderen Seite aber auch wieder eine große Motivation. Es war in den letzten Jahren schon sehr oft der Fall, dass ich hinterher gefahren bin, vielleicht nicht so dramatisch wie jetzt, aber das war immer Anstoß, selbst wieder einen Schritt nach vorne zu machen. Man sieht es oft während der Saison. Diejenigen, die den Takt vorgeben, da muss man fast dankbar sein, die bringen alle miteinander das Skifahren wieder auf ein neues Level."

Sein Team würde sich nie zufriedengeben, man wollte jeden Tag das Maximum rausholen, aber auch bei einem gewonnenen Rennen heiße es nicht, dass alles perfekt gewesen sei. "Wir sind nie müde geworden, uns weiterzuentwickeln. Es ist wie eine Selbsthilfegruppe, wir schauen sehr gut aufeinander. Alle Personen geben wahnsinnig Gas. Du musst ein bisschen einen Fanatismus haben und das auch wollen", sagte der Slalom-Weltmeister und Riesentorlauf-Vizeweltmeister von Aare.

Kritik am Reisestress

Hirscher, der in den sozialen Netzwerken (Facebook, Instagram, Twitter) zusammengezählt 1,5 Millionen Fans hat, kritisiert öfter den großen Reisestress und die dichte Rennansetzung, wie die anderen Athleten fügt er sich dem aber auch. "Wenn du um eine Kugel mitfahren willst, lässt du kein Rennen aus." Änderungen sind trotzdem erwünscht, der TV-Zuseher müsse nicht jeden Tag Rennen im Fernseher haben.

Zur von den Speedfahrern kritisierten Unausgewogenheit von Technik- und Speedrennen meinte Hirscher: "Es kann schon sein, dass das eine oder andere Speed-Wochenende mehr nicht schaden kann, um mehr Gleichheit zu schaffen. Aber ich muss auch hin und wieder einen Super-G fahren und einen Parallel-Event, mir taugt das auch nicht." Wollen Speedfahrer um die Kugel mitfahren, müssen sie dazu auch bereit sein. Er wies auch auf seine geringe Ausfallsquote hin. (APA)

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