Deutscher Kurden-Verband mahnt zur Ruhe

Nach den Ausschreitungen bei einer Demonstration von Kurden gegen die türkische Militäroffensive in Nordsyrien hat die Kurdische Gemeinde in Deutschland ihre Mitglieder zu Besonnenheit aufgerufen. Ein türkisches Cafe und ein türkischer Kiosk waren am Montagabend im nordrhein-westfälischen Herne attackiert und beschädigt worden. Fünf Menschen wurden verletzt.

„Wir kommunizieren die ganze Zeit gegenüber unseren Mitgliedern und allen kurdischen Vereinen: Wenn es zu Ausschreitungen kommt, wird es unserer Sache schaden“, sagte der Vorsitzende des Verbandes, Ali Ertan Toprak. „Unsere Botschaft lautet: Lasst euch nicht provozieren. Reagiert nicht auf die Provokationen von türkisch-nationalistischer Seite.“

Der türkische Botschafter in Deutschland, Ali Kemal Aydin, riet seiner Gemeinde, die Ruhe zu bewahren und „sich nicht von solchen Terroraktionen provozieren zu lassen“. Von den Bundes- und Landesbehörden erwartete er „erhöhte Sicherheitsmaßnahmen und größere Rücksicht für den Schutz des Lebens und Eigentums unserer Bürger“.

Ein Sprecher des deutschen Innenministeriums sagte der „Welt“ (Mittwoch), im Zusammenhang mit der türkischen Militäroffensive würden „seit geraumer Zeit Mobilisierungsaktivitäten kurdischer und deutscher linker Organisationen verzeichnet“. Es sei nicht auszuschließen, „dass es aufgrund des hohen Emotionalisierungspotenzials des Themas vereinzelt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen am Rande solcher Veranstaltungen kommen kann“.

Eine Verschärfung der Gefährdungslage sei derzeit zwar „nicht erkennbar“, so der Sprecher. „Je nach weiterem Umfang, Dauer und Intensität der militärischen Offensive der Türkei in den kurdischen Gebieten in Nordsyrien ist allerdings mit einer möglichen Zunahme beziehungsweise Ausweitung der Protestaktionen zu rechnen.“

Deutschland hat seit dem Jahr 2000 Rüstungsgüter an die Türkei im Wert von 1,746 Milliarden Euro verkauft. Das berichteten Zeitungen der Funke Mediengruppe unter Berufung auf eine Auswertung der jährlichen Rüstungsexportberichte der deutschen Bundesregierung. Im vergangenen Jahr betrug der Wert der Kriegswaffenausfuhren 243 Millionen Euro, in den ersten vier Monaten 2019 bereits 184 Millionen Euro. Der Vorsitzende der Linksfraktion im Deutschen Bundestag, Dietmar Bartsch, sagte, die Bundesregierung habe die Türkei „hochgerüstet“ und sei damit „faktisch mitverantwortlich“ für den militärischen Einmarsch in Nordsyrien. „Dass deutsche Waffen in einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg zum Einsatz kommen, ist beschämend“, kritisierte Bartsch. Er forderte „ein sofortiges und lückenloses deutsches wie EU-weites Waffenembargo gegenüber der Türkei“.

Der Bundestag befasst sich am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde mit der türkischen Militäroffensive gegen Kurden in Nordsyrien. Fraktionschefs von Koalition und Opposition hatten das Vorgehen der Türkei bereits am Dienstag als völkerrechtswidrig verurteilt und vor einer humanitären Katastrophe gewarnt. Auch international stößt der Vorstoß der Türkei auf scharfe Kritik.

Bulgarien will dem Volkswagen-Konzern mehr Geld im Wettstreit mit der Türkei anbieten. Um sich den Zuschlag für das neue Werk zu sichern, ist das Land bereit, die von ihm angebotenen Subventionen zu verdoppeln. „Wir haben einen Weg gefunden, dem Volkswagen-Konzern statt 135 Millionen Euro 250 bis 260 Millionen Euro anzubieten“, sagte der ehemalige Staatschef Rossen Plewneliew der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Er ist gegenwärtig der Präsident des bulgarischen Automobilclusters in Sofia.

VW sei ein entsprechendes Angebot unterbreitet worden, eine Antwort stehe noch aus, ergänzte er. Rechne man die Infrastruktur hinzu, etwa die Anbindung an die Schiene, an die Autobahn und die U-Bahn, biete Sofia 800 Millionen Euro an, damit sich VW für Bulgarien statt für die Türkei entscheide. Der bulgarische Autopräsident versicherte, dass die Beihilfen mit der EU-Kommission abgesprochen seien. Die Türkei indes habe sich über die Regeln hinweggesetzt. Nach der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien hatte der Volkswagen-Konzern seine Pläne für ein neues Werk nahe der Metropole Izmir auf Eis gelegt.